Manchmal wünschen wir uns Anarchie.

Wir wollen fotografieren, was gerade da ist und worauf wir Lust haben. Wir wollen die Skateboarder auf der Straße nicht fragen, bevor wir sie fotografieren.
Der alte Mann mit der Zigarre wird schon damit einverstanden sein, wenn wir sein Portrait auf Facebook zeigen.

Gleichzeitig wollen wir selbst meist nicht ungefragt von fremden Leuten ins Internet gestellt werden.

Reisefotografie Recht

Die gute Nachricht: Fotografieren darfst du grundsätzlich erstmal fast alles.
Wenn nicht ausdrücklich das Fotografieren untersagt ist (bspw. aus Sicherheitsgründen oder weil du dich in Nordkorea befindest), darfst du auf der Straße den Auslöser drücken, wann du willst.

Sobald du die Bilder aber veröffentlichen, also z. B. ins Internet stellen willst, gelten andere Regeln. Und ja: Auch Facebook ist Internet. Instagram auch.

Wir geben dir hier einen kleinen Überblick über die aktuelle rechtliche Situation zum Fotografieren auf der Straße.
Bitte beachte, dass wir dabei nicht alle Ausnahmeregelungen und die Gesetze aller Länder erfassen können. Im Zweifel solltest du für eine konkrete Rechtsberatung einen auf Medienrecht spezialisierten Anwalt kontaktieren.

Rechtliche Aspekte Reisefotografie

 

6 rechtliche Aspekte des Fotografierens, die du auf Reisen beachten musst

1. Fotografieren verboten

Es gibt Situationen, in denen das Fotografieren ausdrücklich verboten ist und sogar strafbar sein kann. Dazu zählt z. B. das Fotoverbot während Gerichtsverhandlungen, auf Militäranlagen oder auch das heimliche Fotografieren von Personen in Umkleideräumen und Toiletten. Auch dürfen Menschen nicht in Situationen fotografiert werden, die ihre Menschenwürde verletzen. Besonders im Ausland gelten hier teilweise noch strengere Gesetze, die du unbedingt beachten solltest.

Reisefotografie Recht

 

2. Fotos mit erkennbaren Personen

Jeder Mensch hat das Recht am eigenen Bild. Das bedeutet konkret, dass jede Person, die auf einem Bild erkennbar abgebildet ist, bestimmen darf, ob das Bild veröffentlicht werden darf oder nicht. Wie oben schon angedeutet: Dazu gehört insbesondere auch die Veröffentlichung in Social Media Portalen.
Bei minderjährigen Personen brauchst du die Erlaubnis der Erziehungsberechtigten.
Dass das Recht am eigenen Bild entfällt, wenn mehr als fünf Personen auf einem Bild abgebildet sind, ist übrigens ein Mythos. Wichtig ist das Kriterium der Erkennbarkeit.
Ohne Erlaubnis aller auf einem Bild erkennbar abgebildeten Personen darfst du das Bild also nicht veröffentlichen.

In der Praxis wirst du nicht von jedem Menschen, den du fotografierst, einen Vertrag unterschreiben lassen. Praktikabler ist es, die Personen einfach ausdrücklich zu fragen. Auch ein mündliches Okay gilt als Einverständnis. Dass du ein Bild entfernst, wenn eine abgebildete Person nicht (mehr) mit der Veröffentlichung einverstanden sein sollte, versteht sich von selbst.

Reisefotografie Recht

Höflichkeit

Die Höflichkeit gebietet es, Menschen zu fragen, bevor man sie fotografiert – zumindest, wenn du eine Nahaufnahme machen möchtest. Einige Völker glauben beispielsweise, das Fotografieren ihre Seele tötet. Solche Einstellungen solltest du akzeptieren.
Die meisten Menschen, gerade in fremden Kulturen, freuen sich aber, wenn man freundlich lächelnd auf sie zugeht und nach einem Foto fragt. Es macht sie oft stolz und sie posieren gerne für dich. Zeig dem Menschen das Foto danach auf dem Display, das schafft Vertrauen und Freude, gerade auch bei Kindern. Eventuell kannst du auch nach der E-Mail-Adresse fragen und anbieten, das Bild zu schicken.

Türkei Reise

 

3. Personen als Beiwerk und Fotografieren auf öffentlichen Veranstaltungen

Personen als Beiwerk

Wie soll ich ein Foto in der Stadt machen, ohne dass Passanten darauf zu sehen sind?

Wenn du etwas fotografierst – beispielsweise eine Landschaft oder eine Straße – und Personen durch das Bild laufen, die aber nicht das eigentliche Motiv deiner Aufnahme sind, darfst du das Foto machen und veröffentlichen. Das Hauptmotiv ist in unserem Beispiel die Straße, die Passanten sind Beiwerk.

Als Faustregel, ob eine Person auf einem Foto Beiwerk oder das eigentliche Motiv ist, gilt folgende Frage: Würde das Bild auch ohne die Person funktionieren? Oder lebt das Bild davon, dass diese Person auf dem Bild ist?
Wenn die Person wichtig für die Wirkung des Bildes ist, gehört sie zum Motiv. Ansonsten ist sie Beiwerk.

Reisefotografie Recht

 

Personen auf öffentlichen Veranstaltungen

Bei öffentlichen Veranstaltungen wie Konzerten, Sportveranstaltungen, Demonstrationen etc. ist es erlaubt, Menschenmengen zu fotografieren und diese Bilder zu veröffentlichen, ohne die abgebildeten Personen um Erlaubnis zu fragen.

Zu beachten ist hier, dass keine einzelne Person aus der Menge hervorgehoben werden darf. Du darfst also nicht auf einen einzelnen grölenden Steinewerfer fokussieren, sondern Ziel deines Fotos muss das Einfangen der gesamten Szenerie sein.

Reisefotografie Recht

 

4. Außenaufnahmen von Gebäuden

In vielen Ländern – auch Deutschland – gilt die Panoramafreiheit. Diese regelt, dass du Außenaufnahmen von Gebäuden oder Bauwerken, die du von einer öffentlichen Straße aus gemacht hast, veröffentlichen und auch vermarkten darfst. Beachte hierbei aber, dass ein Schlossgarten beispielsweise keine öffentliche Straße ist, es hier also Probleme geben kann, wenn du eine Außenaufnahme eines Schlosses vom Schlosspark aus machst und dann veröffentlichen willst.
Auch Fotos von dauerhaft auf öffentlichen Plätzen und Straßen platzierten Kunstwerken sind in Deutschland frei verwendbar.
Wikipedia fasst die Regelungen einzelner Länder konkreter zusammen.

Reisefotografie Recht

 

5. Innenaufnahmen von Gebäuden

Bei Innenaufnahmen von Gebäuden, auch bei öffentlich frei zugänglichen Bauten wie Kirchen, Bahnhöfen etc. benötigst du für die Veröffentlichung der Fotos die Zustimmung des Eigentümers, einen sogenannten „Property Release“.

Bei Gebäuden mit Publikumsverkehr, also historischen Gebäuden und anderen Sehenswürdigkeiten gibt es oft Bestimmungen darüber, was fotografiert und veröffentlicht werden darf. Meist ist nur die gewerbliche Nutzung verboten und die private Veröffentlichung gestattet.

Reisefotografie Recht

 

6. Markennamen, Logos oder geschütztes Design

Markenrechtlich geschützte Gebäude, Gegenstände, Markennahmen, Logos etc. dürfen fotografiert, aber die Fotos nicht verkauft werden. Hierzu gehört auch der beleuchtete Eiffelturm bei Nacht, die ICE-Züge und der Ayers Rock in Australien. Bevor du Fotos gewerblich anbietest, beispielsweise auf Stockfoto-Portalen, informiere dich immer genau über die rechtlichen Aspekte.

 

Fazit

Bist du dir bezüglich der Veröffentlichung eines Fotos unsicher, ist die beste Möglichkeit, einfach die auf dem Foto abgebildeten Personen – wenn es noch möglich ist – zu fragen. Auch Inhaber von privaten Gebäuden kannst du einfach anschreiben und nach einer Veröffentlichung für deinen Zweck fragen. Meist ist dies kein Problem und du bekommst eine positive Antwort.

Wie oben bereits erwähnt, können wir dir mit diesem Artikel lediglich einen Überblick über die rechtlichen Situationen der Reisefotografie geben, allerdings ersetzt dieses keine Rechtsberatung. Im Fall der Fälle solltest du dich also immer bei einem Anwalt informieren.

Reisefotografie Recht

Allgemein und neben allen rechtlichen Regeln gilt: Sei respektvoll! Ein Lächeln und eine freundliche Frage öffnen dir auch in anderen Kulturen viele Türen. Dies verhilft dir oft nicht nur zu der Möglichkeit, dein Bild zu veröffentlichen, sondern auch zu neuen spannenden Kontakten. Kaum jemand hat etwas dagegen, dass ein schönes, freundliches Bild von ihm gemacht wird!

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Hast du weitere Tipps oder Fragen zu unserem Artikel? Wir freuen uns über deinen Kommentar und antworten wie immer auf jeden!

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Autor

Hi! Ich bin Jan. Fotograf, Reisejunkie und Mitbegründer von Lichter der Welt. Ich liebe ferne Länder genau so wie den Wald vor der Haustür. Jeden Tag neue Dinge zu sehen und zu erleben ist das, was mich am Reisen am meisten reizt. Als Coach und Fototrainer gebe ich regelmäßig mein Wissen an Fotobegeisterte weiter. Auf Lichter der Welt nehme ich dich mit auf unsere Reisen und teile meine Erfahrungen, Tipps und Inspirationen mit dir!

5 Kommentare

  1. Hans-Joachim Grobosch Antworten

    Darf ich wenn ich über einen hotelbesuch schreiben möchte Fotos auf einem Blog veröffentlichen. Von den Zimmern etc wenn keine Personen zu sehen sind?

    • Hallo Hans-Joachim,

      ausdrücklich keine Rechtsberatung: Solche Einschätzungen sind immer schwierig. Einerseits darfst du es nicht zeigen, weil es Privateigentum des Hotel ist und nicht-öffentlicher Bereich. Andererseits könnte man einen Bericht als journalistische Tätigkeit werten, da wäre es dann in diesem Rahmen ok.

      Am sichersten wird es sein, das Hotel einfach zu fragen. Wir können keine Rechtsberatung geben.

      Liebe Grüße
      Sina

    • Hey Hans-Joachim,
      auf der sicheren Seite bist du, wenn du das Hotel fragst 🙂 Rechtlich könntest du mit “Journalismus” argumentieren, das Hotel aber mit “Privateigentum”. Da kommt es dann ggf darauf an, wie journalistisch dein Blog ist.

      Das ist keine Rechtsberatung!

      Liebe Grüße
      Sina

  2. Hallo Jan,
    toller und informativer Artikel! Ich habe eine Frage zu Punkt 6: wie ist es wenn ich die Fotos zwar auf meinem Blog veröffentliche, aber nicht verkaufe, sie nicht für bezahlte Artikel verwende, bzw. gar nichts mit meinem Blog verdiene?
    LG Iris

    • Jan Antworten

      Hey Iris,

      danke für dein Feedback und Lob.

      Zu deiner Frage, ob du auf deinem nicht-kommerziellen Blog Fotos zeigen darfst, die ein (geschütztes) Markenzeichen enthalten: Es kommt drauf an!

      In den meisten Fällen ist das kein Problem, wenn keine “markenmäßige Nutzung” vorliegt. Und das dürfte im privaten, nicht kommerziellen Bereich fast ausschließlich der Fall sein! Insbesondere dann, wenn das abgebildete Markenzeichen nur “Beiwerk” auf dem Bild ist.

      Rechtsanwalt Amin Negm-Awad hat hierzu einen interessanten Artikel verfasst, der genau dieses Thema behandelt.

      Liebe Grüße
      Jan

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