Eine Reise entlang der Seidenstraße nach Südkasachstan und Kirgistan ist eine Reise in eine andere Welt. In weite Landschaften, stille Bergseen und uralte Städte, in denen Geschichte spürbar wird. Wer sich auf diese Reise einlässt, erlebt nicht nur faszinierende Natur und kulturelle Schätze, sondern entdeckt auch eine tiefe, ursprüngliche Gastfreundschaft und das Gefühl, der Hektik der modernen Welt für einen Moment zu entkommen. Unsere Gastautorin Petra Dachtler hat diese Reise mit ihrer Kamera unternommen und berichtet von einem Eindruck in eine wunderschöne, unbekannte Ferne.
Südkasachstan: Eine Reise in eine fremde Welt
Kasachstan ist der größte Binnenstaat der Welt und ist ca. siebeneinhalbmal größer als Deutschland. Er reicht von der Wolga bis zur chinesischen Grenze und wird im Süden durch das beeindruckende Tien Shan Gebirge begrenzt. Im Norden besteht das Land weitgehend aus Steppe. Im Verhältnis zur Fläche ist Kasachstan mit ca. 20 Millionen Einwohnern dünn besiedelt, die größte Stadt und nach wie vor kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes ist die frühere Hauptstadt Almaty mit ca. 2 Millionen Einwohnern. Eine Reise durch Kasachstan empfiehlt sich entlang der ehemaligen Seidenstraße mit Start in Almaty. Die 1998 nach Norden verlegte neue Hauptstadt Astana lohnt einen Abstecher, wenn der Flug dort sowieso einen Zwischenstopp vorsieht. In Astana kannst du dir ein Bild einer künstlich hochgezogenen Stadt mit viel moderner Architektur machen.
Kasachstan war bis 1991 Teil der Sowjetunion und Russisch ist nach wie vor Amtssprache neben der Nationalsprache Kasachisch, einer Turksprache, die aber zu weit von Türkisch entfernt ist, um sich darüber problemlos verständigen zu können.
Geschichtlich findet man in Kasachstan vor allem Reste des Einflusses von Persern, Turkvölkern, Mongolen, Chinesen, Arabern und Russen. Traditionell sind die Kasachen aber Nomaden gewesen und mit ihren Herden in der Steppe umhergezogen. Die Städte wurden größtenteils im 19. Jahrhundert durch russische Kolonialisten gegründet und muten eher russisch-sowjetisch an, oft aber mit viel Grün und schönen Parkanlagen und heute auch mit moderner Architektur wie z.B. der „Palast des Friedens und der Eintracht“ des renommierten britischen Architekten Sir Norman Foster oder der Bayterek-Turm in Astana.




Sicherheit und Transport
Für Reisen in Südkasachstan über Land empfiehlt sich ein Mietwagen. Wenn du etwas abseits der guten Straßen reisen willst, sollte es einer mit Vierradantrieb sein, der schnell 80-100 Euro/Tag kostet. Alternativ kann man sich zu mehreren einen Wagen (mit oder ohne Fahrer) teilen. Voraussetzung für eine Reise ohne Gruppe oder Reiseführer sind gute Russischkenntnisse! Englisch oder andere europäische Sprachen werden in Kasachstan kaum gesprochen. Auch die Straßenschilder sind trotz dem geplanten Übergang zum lateinischen Alphabet bis 2030 noch oft nur in kyrillischer Schrift vorhanden (auch Kasachisch wird kyrillisch geschrieben). Wichtige Hinweise sind meist nur auf Kasachisch und Russisch verfügbar. Der Verkehr ist außer in den Ballungsräumen überschaubar, das Straßennetz gut. Die Entfernungen sind sehr groß, daher solltest du immer genügend Zeit einplanen und vor Dunkelheit am Zielort eintreffen.
Für die langen Strecken zwischen Städten bieten sich auch Zugfahrten über Nacht im Schlafwagen an. Die Preise sind niedrig (ca. 25 Euro im Zweierschlafabteil), du sparst Zeit und kommst erholt am Ziel an. Man sollte die Wertsachen dicht am Körper behalten und die Tür verriegeln, wenn man mit Fremden im Abteil ist. Pro Wagon gibt es einen Schaffner, an den man sich notfalls wenden kann.
Zur aktuellen Lage empfehlen sich die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts: Sicherheit in Kasachstan

Die beste Reisezeit in Südkasachstan
Die beste Reisezeit für Südkasachstan ist der Frühling, d. h. von Anfang April bis Juni. Auf den Gipfeln der Berge liegt noch Schnee, in der Ebene ist es grün und die wilden Apfelbäume, nach denen Almaty (Urapfel) benannt ist sowie zahlreiche Wiesen- und Bergblumen blühen. Berühmt sind die verschiedensten Wildtulpenarten, die man auf Wanderungen allerorts finden kann. In der Steppe sind die Temperaturen tagsüber noch nicht zu hoch, wobei es auf meiner Reise Anfang Mai im Südosten schon bis zu 30 Grad heiß war. Auch der Sommer kann eine gute Reisezeit sein, wenn man in die Berge fährt, da die Temperaturen dort angenehm sind, und es nachts sogar kühl werden kann. Dort lassen die Familien dann ihre Rinder-, Schaf- oder Pferdeherden grasen, da es in der Ebene zu heiß und das Gras abgeweidet ist (s. u. Abstecher nach Kirgistan).

Rundreise durch Sükasachstan: Unsere Route
Westlich von Almaty: Kultur und ältester Nationalpark
Fährst du von Almaty zunächst nach Westen, kannst du etwas abseits der Hauptroute nach Bischkek die als UNESCO-Weltkulturerbe eingestuften Petroglyphen von Tanbaly aus der Bronzezeit besuchen und von dort aus weiter ins Karatau-Gebirge fahren. Die Berge sind nicht hoch, bestechen aber durch ihre unberührte Natur und Schluchten mit kleinen Wasserläufen. Am Wegesrand triffst du immer wieder auf skythische Grabhügel, sog. Kurgane. Als Unterkunft bietet sich hier und auch in anderen Erholungsgebieten Sommerferienlager an (teils staatlich, teils privat), die im Frühjahr leer stehen und gern an Touristen vermietet werden. Der Standard ist meist sehr einfach, umso größer ist aber die Herzlichkeit, und die Hausmannskost ist unschlagbar.

Stationen auf dem Weg nach Westen sind Taraz, wo es das vormongolische Mausoleum „Aischa Bibi“ inklusive Legende einer unglücklichen Liebe zu besichtigen gibt, und Türkestan – ein Pilgerort mit einem beeindruckenden Mausoleum zu Ehren des Sufis Ahmet Jassawi vom Ende des 14. Jahrhundert, der den Islam an die lokalen Gegebenheiten anpasste und ihn so für die Nomaden akzeptabel machte. Der Bau erinnert an die bekannten Gebäude im usbekischen Samarkand, war der Bauherr doch derselbe: Timur (oder Tamerlan). Es gilt als größtes und am besten erhaltenes Bauwerk des Mongolenherrschers. Der neue Teil der Stadt mutet etwas wie Disneyland an, da der bescheidene Ort auf Erlass des Präsidenten zur Provinzhauptstadt erklärt und künstlich stark vergrößert wurde – leere Einkaufpassagen und unbefahrene Radwege sind die Folge. Dafür gibt es eine ausreichende Auswahl an Hotels.




Südlich der ehemaligen Provinzhauptstadt Shymkent, ca. 655 km westlich von Almaty, befindet sich mit Aksu-Zhabagly der älteste Nationalpark Zentralasiens, der 1926 zu Sowjetzeiten gegründet wurde und zu Wanderausflügen einlädt. Eine Unterkunft findest du z. B. in der Turbasa Ruslan direkt am Eingang zum Nationalpark. Da du morgens hier einen Passierschein erstehen und einen Ranger mitnehmen musst, bist du so direkt an der Quelle. Leider öffnen die meisten Nationalparks erst um 9 Uhr, was für tolle Landschaftsfotos bei Sonnenaufgang zu spät ist. In manchen Parks kann man an festgelegten Stellen übernachten und sogar zelten oder man versucht, eine Ausnahmeregelung auszuhandeln. Dass du fotografieren möchtest, solltest du dabei nicht an die große Glocke hängen, um nicht gleich eine Extragebühr zahlen zu müssen.
Einen spektakulären Ausflug kannst du von Zhabagly aus in den Aksu Canyon machen, wo du ca. 300 Höhenmeter hinab zu einem türkisfarbenen Bergfluss absteigst. Dort kannst du dir die Füße im kalten Wasser kühlen, bevor es wieder nach oben geht – tolle Ausblicke inklusive. Hier kannst du im Frühjahr die wilden Tulpen blühen sehen, stößt auf wilde Fasane, Schlangen und wenn du Glück hast, kannst du auch einen Bären sichten.


Im Südosten Kasachstans: Singende Düne und bunte Berge
Richtung Nord-Osten geht die Fahrt von Almaty nördlich vorbei am Kapschagai Stausee Richtung chinesische Grenze. Dort lohnt vor allem der Besuch des Altyn Emel Nationalparks mit der Singenden Düne und den bunten Lehmbergen Aktau und Katutau. Der Name des Parks bedeutet „Goldener Sattel“ und soll von Dschingis Khan beim Anblick des Landes vom Pferderücken geprägt worden sein.

Als Ausgangspunkt dient z. B. das Dorf Basshi mit dem Zentralbüro des Nationalparks, der auch ein eigenes Gästehaus „Aygay Kum“ hat. Du kannst aber auch im Nationalpark übernachten, um gleich morgens zur Singenden Düne zu fahren und den 150m hohen Sandrücken im Morgenlicht zu besteigen. Dies ist zu empfehlen, wenn du gute Fotos machen möchtest, denn die Fahrt von Basshi dauert ca. eine Stunde auf einer Sandpiste. Der Aufstieg ist nicht schwer, unterwegs begleiten dich gut getarnte Agamen im Sand und es blühen die Steppenkerzen. Etwas weiter ist die Fahrt zu den bunten Bergen von Aktau, deren Felsformationen in sagenhaften Farben von rostrot, orange, schiefergrau bis safrangelb leuchten. Die weißen Gipsschichten härten bei Regen aus wie Beton. Ein unglaubliches Farbenspiel, das du auf einer kleinen Wanderung von unten und oben betrachten kannst.



Die nur 40 km vor der chinesischen Grenze gelegene Stadt Zharkent im uigurischen Bezirk lohnt einen kurzen Besuch, denn hier treffen sich die Kulturen in Form verschiedener Gotteshäuser. Du kannst die wunderhübsche giftgrüne orthodoxe Kirche mit einer eleganten Ikonostase aus der heimischen Tiesnshan Fichte sowie die riesigen gusseisernen Heizöfen besichtigen und mit Glück sogar selbst die Kirchglocken läuten – die Menschen in der Stadt seien es gewöhnt, so der zuständige Priester mit einem schelmischen Lächeln. Ebenso sehenswert ist die Pagoden-Moschee, die 1896 ohne einen einzigen Nagel gebaut wurde und von der Herkunft ihrer uigurischen Bauherren auf chinesischer Seite der Grenze zeugt. Sie ist heute ein Museum und die kleinen, aber feinen Ausstellungsräume im Eingangsbereich machen einen Besuch lohnenswert.


Auf der Rückfahrt nach Almaty ist ein Abstecher im Scharyn-Canyon Pflicht. Seine bizarren roten Felsformationen erinnern an eine kleinere Ausgabe des Grand Canyon. Du wanderst ca. 2,5 km hinunter zum Maryn Fluss und wieder hinauf oder lässt dich mit einem Pick-up zurückbefördern. Von Almaty aus kannst Du auch einen Wochenendausflug zum Canyon machen (ca. 4 Stunden Fahrzeit für die 280 km) und in einem der Hotels an den heißen Quellen in der Nähe übernachten.


Zurück in Almaty kannst du Tagesausflüge in verschiedene Bergtäler machen oder nach Medeo, zur großen Eisbahn, am südöstlichen Stadtrand auf einer Höhe von knapp 1.700m. Diese wurde um 1950 gebaut und dient als Trainingsbahn für Eisschnellläufer. 1974 wurden dort die Europameisterschaften im Eisschnelllauf ausgetragen. Ebenso empfehlenswert ist eine Tagestour zum 15 km entfernten großen Almaty See auf einer Höhe von ca. 2500 Metern, der inmitten von Viertausender-Berggipfeln liegt. Lokale Touranbieter oder dein Hotel können hier Angebote für Tagesausflüge machen.
In Almaty selbst gibt es jede Menge Kunst und Kultur: sehenswert ist die Kastejev-Gemäldegalerie oder auch das Zentrale Staatliche Museum, das klassische Objekte aus den Gebieten Paläontologie, Archäologie und Ethnographie ausstellt. 2025 soll mit dem Almaty Museum of Arts ein Museum für moderne kasachische und zentralasiatische Kunst eröffnet werden.
Eine Fahrt mit der einzigen Metrolinie ist in Almaty genauso ein Muss wie ein Besuch auf dem Zentralmarkt und seinen umliegenden Geschäften. Zum Mitbringen besonders geeignet sind die schmackhaften Nüsse, Trockenfrüchte, Gewürze, Schals, Stoffe oder die mit lokalen Mustern verzierten Filzpantoffeln und vieles mehr…
Hotels gibt es in Almaty ausreichend in jeder Preisklasse. Wir haben zuletzt im Hotel Almaty gewohnt, das einen tollen Blick auf die Berge bietet und ein sehr leckeres und reichhaltiges Frühstück serviert.



Abstecher nach Kirgistan
Almaty ist ganz im Süden Kasachstans nahe der Grenze gelegen, und so bietet sich auch ein Abstecher nach Kirgistan an, denn letztlich führt die Reise von Almaty nach Südwesten immer entlang der kasachisch-kirgisischen Grenze. Nach Bischkek sind es ca. 4-5 Stunden inkl. Grenzübertritt zu Fuß. Du kannst mit sog. Sammeltaxis (Marschrutka) fahren und/oder dir ein Taxi über die App Yandex bestellen. Dies ist auch die beste Transportmöglichkeit in den Städten neben den öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Preis der Fahrt sowie Kennzeichen des Autos werden vorher angezeigt.
Bischkek ist selbst ist eine eher sowjetisch geprägte Stadt, bietet aber eine gute Ausgangsbasis für eine Fahrt an den berühmten Issyk-Kul See oder sogar etwas weiter in die Berge. Vor ein paar Jahren habe ich mehrere Tage auf der Sommeralp am See Song Kul verbracht und bin von Jurte zu Jurte gewandert. Viele Familien ziehen im Sommer mit ihren Tieren auf die Hochalm, wo es Nahrung für die Herden gibt und die Temperaturen erträglich sind. Wenn man Glück hat, erwischt man ein paar Reiterspiele oder genießt einfach die Weite und die leckere Hausmannskost der Gastfamilien. In den Betten in der Jurte schläft man wesentlich besser als ein einem Zelt und lernt viel über die nomadische Kultur.




Welche Fotoausrüstung für Südkasachstan und Kirgistan ?
Wenn du in Südkasachstan nicht speziell Tierfotos machen möchtest, für die ein Teleobjektiv ein Muss ist, und auch keine botanischen Makroaufnahmen (Makroobjektiv), nehme ich für meine spiegellose Canon EOS R mein 24-70mm f/2.8 mit. Es ist hat einen leichten Weitwinkel, ist gut für Porträts auch aus einer kleinen Entfernung und der leichte Telebereich ist i.d.R. ausreichend. Kasachen haben kein Problem mit Fotos, wie überall solltest du aber natürlich vorher freundlich fragen oder erst am Ende eines Gesprächs um ein Foto bitten, wenn du eine gewisse Beziehung zu der Person aufgebaut und dein Interesse an ihr gezeigt hast. Wenn ich ganz unauffällig unterwegs sein möchte, nehme ich meine Kompaktkamera Fuji X100F mit, die in jede Handtasche passt und dennoch qualitativ hochwertige Bilder macht. Sie hat einen APC-Sensor, die Brennweite beträgt umgerechnet ca. 50mm mit einem kleinen digitalen Zoom.

Leseempfehlung
Auf der Reise durch Südkasachstan und Kirgistan ist es sinnvoll, einen aktuellen Reiseführer dabei zu haben, da sich Vieles schnell ändert. Begleitet hat mich der Reiseführer Zentralasien – die Autorin ist die Reiseleiterin meiner Tour in Südkasachstan, Dagmar Schreiber.

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