Eine Reise mit Interrail steht auf der Bucketliste vieler junger Menschen. Mit dem Rucksack ganz Europa erkunden, Zug fahren, Wandern, Land und Leute kennen lernen – das ist die Idee dahinter. Auch Nicole und Laura, unsere beiden Gastautorinnen, haben das Abenteuer gewagt und haben mit Interrail Osteuropa erkundet. In diesem Erfahrungsbericht nehmen sie dich mit auf ihre Reise.
In diesem Beitrag
Geplant und gepackt – Los geht’s mit Interrail nach Osteuropa!
Ende September ging es für uns, Laura und Nicole, los ins Interrailabenteuer. Nicole war Masterstudierende der Soziologie und Laura hatte gerade ihren Bachelor des Verkehrsingenieurwesens abgeschlossen. Ein guter Grund also, um das Ende der Semesterferien zu nutzen, und das uns bis dahin unbekannte Osteuropa auf einer Interrailreise zu entdecken. Der Zeitraum hat sich als ideal herausgestellt: Ende September galt noch der Sommerfahrplan, sodass uns mehr Züge als im Winter an unsere Ziele brachten. Auch Touristenattraktionen wie Museen und Restaurants waren noch geöffnet. Dank der auslaufenden Hauptsaison hatten wir jedoch keine Probleme, kurzfristig Übernachtungsmöglichkeiten zu finden und es waren generell weniger Reisende unterwegs. Wie du eine Interrailreise planst und vorbereitest und welche Möglichkeiten diese generell für dich bietet, zeigen wir dir in unserem zweiten Artikel, der in zwei Wochen erscheint.
Leipzig – der Start der Reise
Die schöne Stadt im Osten und damaliger Wohn- und Studienort von Nicole war der Start unserer Reise. Als Stadt mit einem der größten und wichtigsten Bahnhöfe Deutschlands wäre Leipzig eigentlich ohnehin auch ein idealer Ausgangspunkt für eine Zugreise – wenn da nicht ein kleines Softwareupdate gewesen wäre, das den kompletten Hauptbahnhof lahmgelegt hätte. Los ging es daher – nach einem Tag in Leipzig mit Altstadttour, Besichtigung des Völkerschlachtdenkmals und gemütlichem Nachmittag am Kulkwitzer See – am Alternativbahnhof Leipzig Messe. Mehr Empfehlungen für Leipzig findest du hier! Unser erstes Ziel stand schon fest:
Wien
Nach etwa 9 Stunden Zugfahrt kamen wir abends an unserem ersten Halt an: Die österreichische Hauptstadt Wien! Wir übernachteten im 2. Bezirk, ganz in der Nähe des Augarten, bei einer Freundin. Der persönliche Kontakt brachte uns nicht nur eine gratis Übernachtungsmöglichkeit, sondern ebenfalls eine Stadtführung mit lokalen Highlights wie dem Fassadenfresko einer bebrillten, brettspielenden Kuh in der Bäckerstraße. Wir waren am und im Dom, fuhren mit der Liliputbahn im Prater (der Interrailpass gilt hier natürlich nicht als Fahrkarte!), unternahmen eine Stadtbesichtigung via den Straßenbahnlinien 2 und 1 (mit Start am Schwedenplatz und Umstieg an der Oper) und ließen den Abend gemütlich am Donauufer mit einer Flasche Wein und der Gesellschaft von wilden Kaninchen ausklingen. Am nächsten Tag blieb uns noch genug Zeit, um morgens Proviant einkaufen zu gehen, bevor wir uns auf zur Donau machten, um unsere Reise auf dem Wasser fortzusetzen.
In Osteuropa angekommen: Bratislava
Unser erstes Ziel in Osteuropa war die slowakische Hauptstadt Bratislava, wo wir eine Nacht verbringen wollten. Wir hätten einen weiteren Reisetag unseres Interrailtickets für die Fahrt von Wien nach Bratislava nutzen können, doch Wien und Bratislava liegen beide an der Donau und sind nur eine kurze Schifffahrt voneinander entfernt. Um ein bisschen Abwechslung zu haben, entschieden wir uns daher für die Fahrt über die Donau mit dem Twin City Liner, einem Schnell-Katamaran. Die Fahrt kostet ab 22 €, dauert 75 Minuten und führt überwiegend durch die grüne Natur. Bei einer Geschwindigkeit von knapp 50 km/h ist es außen an Bord jedoch sehr windig. Nachdem wir uns erst auf Deck die Haare vom Wind haben zerzausen lassen, haben wir danach die Natur vom Schiffsinneren aus durch die Fenster betrachtet.
In Bratislava angekommen, legt das Schiff unweit der Altstadt an und wir machten wir uns auf den Weg zur Jugendherberge, die einzige Unterkunft, die wir schon in Deutschland gebucht hatten. Wie so oft, konnte das Personal in der Jugendherberge uns einige gute Ausflugs- und Restauranttipps geben. Durch eine Kooperation mit einer der Kneipen konnten wir am Abend lokales Essen genießen und bekamen einen kleinen Rabatt.
Bratislava selbst ist auf jeden Fall eine Reise wert. Die Stadt und insbesondere die Altstadt sind sehr kompakt und die meisten Ziele sind fußläufig erreichbar. Zum Bratislavský hrad, der Burg Bratislava, nimmst du am besten einen Bus oder die Straßenbahn. Vom Burgberg aus hast du auch eine wunderschöne Aussicht über die gesamte Stadt und die Donau!
In den kleinen Gassen der Altstadt verstecken sich viele kleine süße Läden, wo du garantiert ein schönes Souvenir findest. Neben den klassischen Andenken wie Kühlschrankmagneten und Ähnlichem verstecken sich auch handgemachte Schätze. Laura konnte nicht widerstehen und hat ein handgetöpfertes Schnaps”glas”, dekoriert mit Schafen, gekauft.
Durch die Kompaktheit der Stadt konnten wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in zwei halben Tagen entdecken und so ging es am Mittag des nächsten Tages weiter nach Budapest. Zwischen diesen beiden Städten gibt es eine Direktverbindung, aktuell dauert die Zugfahrt etwa zweieinhalb Stunden.
Mit Interrail durch Osteuropa: Budapest
Die Fahrt nach Ungarn war sodann auch die Fahrt heraus dem Euro-Währungsraum. Als kleiner Tipp: Wie in vielen Nicht-Euro-Ländern kannst du auch in vielen Supermärkten in Budapest mit Euro bezahlen und das Rückgeld in der Landeswährung zurückbekommen. Das ist wahrscheinlich nicht der beste Kurs, aber eine sehr unkomplizierte Variante, um an eine kleine Menge Landeswährung zu kommen und Gebühren an ausländischen Geldautomaten zu vermeiden.
Die Unterkunft, eine innenstadtnahe AirBnB-Wohnung mit toller Balkonaussicht, haben wir kurzfristig gebucht. Das war auch unser Glück, denn eigentlich wäre die Wohnung teurer gewesen und war nur aufgrund einer kurzfristigen Stornierung so günstig verfügbar.
Blick vom Parlamentsgebäude Die Oper
Im Gegensatz zu Bratislava ist die ungarische Hauptstadt Budapest, die 1873 durch die Zusammenlegung der zwei Gemeinden Pest und Buda entstand, eine sehr weitläufige Stadt und leider hatten wir hier zu wenig Zeit eingeplant, um alle Sehenswürdigkeiten in Ruhe zu erkunden. Den Tipps unseres Gastgebers folgend, bekamen wir dennoch einen guten Eindruck von der Stadt: Wir spazierten durch das Stadtwäldchen im Nordosten der Stadt (Városliget), lauschten dem Musikbrunnen auf der Margareteninsel, bewunderten das wunderschöne Parlamentsgebäude, und folgten den kulinarischen Empfehlungen unseres Gastgebers: Wir profitierten vom günstigen Mittagsbuffet im lokalen Restaurant, in dem niemand Englisch sprach und wir auch nie so ganz wussten, was wir da eigentlich Leckeres essen (kleiner Hinweis: Was aussieht wie Cherrytomaten sind in Ungarn eventuell super scharfe Paprika) und entdeckten Túró Rudis – Schokoriegel mit einer Quarkfüllung – als eine neue Lieblingsnascherei. Budapest verdient aber definitiv mehr Zeit: Wie Laura in einem späteren Aufenthalt herausfand, ist zum Beispiel das Parlament nicht nur von außen beeindruckend, sondern auch von innen eine Besichtigung wert.
Wir wussten, dass wir auf unserer Interrailreise unbedingt nach Montenegro wollten. Die Fahrt von Budapest nach Montenegro dauert aber so lange, dass wir uns entschieden haben, einen Zwischenstopp in Belgrad einzulegen. Wir haben uns für diese Fahrt dann einen Reisetag eingespart: Statt einen Reisetag unserer Interrailpässe zu nutzen, haben wir ein ganz normales Zugticket von Budapest nach Belgrad gekauft, da diese extrem günstig sind. Für nur 15 € kommst du von einer Hauptstadt in die nächste und auch dieses Ticket kann einfach am Reisetag gekauft werden, sodass wir keine Flexibilitätseinbußen hatten.
Belgrad
Die direkte Zugverbindung zwischen Budapest und Belgrad wird aktuell (Stand Dezember 2020) wegen Bauarbeiten seit dem 1. Februar 2019 leider nicht angeboten. Um von Budapest nach Belgrad zu kommen, gibt es aktuell nur eine Zugverbindung am Tag und es ist nötig, in Kelebia und in Novi Sad umzusteigen.
Für uns war es damals die Fahrt von Budapest nach Belgrad, die uns zum ersten Mal gezeigt hat, wie langsam Zugfahren in Osteuropa sein kann: Für die 320 km waren wir gute 8 Stunden unterwegs. Die Zugfahrt war jedoch sehr entspannt: An Fensterplätzen in relativ leeren Zügen lassen sich lange Zugfahrten durch wechselnde Landschaften in fremden Ländern sehr, sehr gut genießen!
Abends in Belgrad angekommen, war unsere erste Schwierigkeit, den Weg vom Bahnhof zur Straßenbahnhaltestelle zu finden. Es dauerte wohl etwa eine Stunde und brauchte die Hilfe von mehreren netten Serben, bis wir es geschafft haben, in der richtigen Tram zu sitzen. In Belgrad haben wir erneut in einem AirBnB übernachtet und nahmen auch wieder gerne die kulinarischen Tipps unserer Gastgeberin an: Wie schon in der Jugendherberge in Bratislava gab es von unserer Vermieterin einen Rabattgutschein für ein lokales Brunchcafé. Wir folgten ihren Tipps und aßen Gibanica, ein Blätterteiggericht gefüllt mit Frischkäse. Gut gestärkt machten wir uns bei bestem Wetter auf in die Stadt und besuchten die Festung und das dort angesiedelte Militärmuseum, die sehr zentral gelegen sind. Panzer und Festungen sind zwar nicht so ganz unser Interessengebiet, aber der Besuch hat sich schon allein für die wunderbare Aussicht auf die Donau gelohnt und der Eintritt war kostenlos.
Weitere Empfehlungen unserer Gastgeberin waren das Nikola-Tesla-Museum (das wir aus Zeitmangel leider auslassen mussten) und das Geldmuseum der Nationalbank Serbiens. Letzteres haben wir besucht und nach einem kurzen Sicherheitscheck am Eingang konnten wir im Museum sogar unser eigenes Geld drucken lassen. Natürlich mit unseren eigenen Gesichtern statt mit denen anderer wichtiger Persönlichkeiten! Auf dem Rückweg zu unserer Wohnung sind wir überraschend an einem lokalen Markt vorbeigekommen, auf dem Honig und andere Bienenprodukte verkauft wurden. Die Vielzahl der Stände hat uns überwältigt und obwohl die wenigsten Händler Englisch sprachen, haben wir es geschafft, dort ein wenig Honig zu kaufen.
Obwohl wir nur einen Tag in Belgrad hatten, hatten wir beide das Gefühl, dort ausreichend Zeit verbracht zu haben. Am meisten beeindruckt haben uns jedoch nicht die eigentlichen Sehenswürdigkeiten der Stadt, sondern die große Menge an Straßenkunst, die überall zu sehen war. In der Innenstadt waren viele Straßen kunstvoll geschmückt und erzeugten eine einzigartige Atmosphäre. Und auch an den Häusern, die oftmals in keinem guten Zustand waren, waren die Fassaden erstaunlich häufig künstlerisch gestaltet. Für Liebhaber von Streetart ist Belgrad auf jeden Fall eine Reise wert.
Bevor wir endlich in den Zug steigen konnten, der uns nach Montenegro bringen sollte, haben wir noch eine besonders spaßige Aufgabe erledigt: Unsere restlichen Dinar wollten ausgegeben werden und wir brauchten Reiseproviant. Im nächsten Supermarkt haben wir uns also mit lokalen Süßigkeiten eingedeckt und schon ging es weiter.
Montenegro – Podgorica und Kotor
Auf dem Weg nach Montenegro begann für uns das eigentliche Abenteuer. Die gut 400 km, die vor uns lagen, bescherten uns wieder eine lange, aber spannende Zugreise. Auf dieser anspruchsvollen Strecke kommen nicht nur Eisenbahnfreunde auf ihre Kosten. Die Strecke zwischen Belgrad und Bar an der Adriaküste gilt als eine der kompliziertesten Trassierungen in Europa. Die Strecke wurde erst 1976 nach etwa 25 Jahren Bauzeit fertiggestellt und ist mit ihren 254 Tunneln und über 240 Brücken sicherlich eine ingenieurtechnische Meisterleistung. Die Strecke überquert gleich drei Gebirgszüge in teils entlegenen Gegenden und so waren die Bauarbeiten entsprechend anspruchsvoll. Dass man auf dieser Strecke eine Brücke über einen See in einem Tunnel finden kann, demonstriert die Komplexität der Strecke eindrücklich. Leider war die Entdeckung des Tunnelsees tödlich, denn ein Baggerfahrer versank mitsamt seines Baggers in den tiefen der Höhle. Eine Lektüre des Wikipedia-Artikels zu dieser Bahnstrecke ist sehr zu empfehlen (wenn auch teilweise nichts für zarte Gemüter) und hat uns die Fahrt verkürzt.
Auch bei Ankunft in Podgorica ging es abenteuerlich weiter. Wir hatten für eine Nacht ein günstiges Hotel in Bahnhofsnähe gebucht und wir hatten uns eine Stadtkarte angesehen. Und dann… haben wir uns komplett verlaufen. Die offline Kartenapp auf dem Tablet konnte uns nicht orten und wir keine kyrillischen Straßenschilder lesen. Auf unserem Irrweg durch die Stadt begegneten wir einem älteren Mann, der mit einer Wasserflasche und einem Schwamm sein Auto putzte. Er muss uns unsere Verzweiflung angesehen haben und eilte uns zur Hilfe. Schnell fanden wir raus, dass er ein wenig Deutsch sprach und so saßen wir nach einem längeren Gespräch – mit Händen, Füßen, mehreren Sprachen – etwa eine halbe Stunde später im Auto von zwei fremden Frauen, die uns zu unserem Hotel fuhren.
In Podgorica mussten wir auch unsere Reise durch Osteuropa weiterplanen. Die Zugstrecke und damit auch unser Interrailticket endet in Montenegro. Wie sollten wir also weiter und unsere letzten zwei Reisetage möglichst gut nutzen? Eine Rückfahrt nach Belgrad würde nicht nur sehr lange dauern, sondern uns auch nicht an einen neuen Ort bringen. Es war also klar, dass wir alternative Verkehrsmittel nehmen müssten. Eine Option wäre es, mit einer Fähre nach Italien zu fahren. Wir hätten in diesem Fall sogar auch von Interrailvergünstigungen profitieren können, da viele Fährlinien mit im Programm sind und für Interrailpassbesitzer günstige Tarife anbieten. Eine Alternative wäre es, mit dem Bus nach Kroatien weiterzufahren. Wir entschieden uns für Letzteres. Doch bevor es nach Kroatien ging, fuhren wir erstmal in das wunderschöne Kotor an Montenegros Küste.
Den Rückweg von unserem Hotel zum Bahnhof und Busbahnhof fanden wir im Hellen auf Anhieb. Am Busbahnhof angekommen, kauften wir am Schalter für wenige Euro ein Ticket für die dreistündige Fahrt nach Kotor. Bereits während der Fahrt waren wir von der Berglandschaft sehr beeindruckt. Landschaft und Flora sind in Südosteuropa komplett anders als wir es von der Alpenlandschaft in Zentraleuropa gewohnt sind.
Kotor ist ein eine alte mediterrane Handels- und Hafenstadt, die zum UNESCO Weltkultur- und Naturerbe gehört. Sie liegt an der Bucht von Kotor an der Adria und wird von hohen Bergketten umrahmt. Nicht zu unrecht ist die Stadt eine der bekanntesten und meistbesuchte Tourismusregion des Landes und (unserer Meinung nach: leider) Anlegepunkt für Kreuzfahrtschiffe. Wenn gerade ein Kreuzfahrtschiff anlegt – wie zum Zeitpunkt unseres Besuchs – wird die Altstadt von den Touristenmassen leider nahezu überschwemmt.
Kotor ist vor allem berühmt für seine mittelalterliche Altstadt, die von einer eindrucksvollen 4,5 km langen Stadtmauer umgebenen ist. Die gesamte Altstadt ist mit grobem Kopfsteinpflaster gepflastert und von kleinen Gassen durchzogen. Wir übernachteten in einem AirBnB, das 100 m hinter der Stadtmauern über dem Restaurant Bastion 3 (wo wir auch am ersten Abend gegessen haben – sehr lecker!) gelegen war. Die Lage war ideal, da wir zwar extrem nah an der Altstadt waren, man aber hinter den Stadtmauern direkt sehr viel günstiger übernachtet.
Zu den Must-Sees in Kotor gehört auf jeden Fall die Befestigung. Dahin führen einerseits hunderte von Treppen, die du in der Altstadt startend nur gegen eine kleine Gebühr erklimmen darfst, andererseits aber auch ein etwas versteckter Trampelweg, der Anfang der Wanderroute der “Leiter von Kotor”. Diesen Pfad haben wir durch die hilfreichen Tipps von einem netten Montenegriner gefunden.
Wie in der ganzen Stadt, findet man auch auf dem Weg den Berg hinauf zahlreiche Katzen (#catsofkotor). Ein besonders niedliches Exemplar begleitete uns einen Teil des Weges. Kurz vor den Stadtmauern stießen wir auf eine kleine Kirche (Sveti Jovan), neben der pittoresk eine Kuh graste. Nicht unweit der Kirche kletterten wir durch ein Loch in der Stadtmauer und kamen schließlich auf den offiziellen Weg. Bis zu 260 m über dem Meer kann man die Stadtmauer erklimmen und hat von dort einen atemberaubenden Blick über die Altstadt in die Bucht. Unsere Anstrengungen wurden belohnt und wir wurden Zeuge einen wunderbaren Naturschauspiels. Während wir noch in der Sonne standen, lag vor uns ein Regenbogen über die Bucht. Bevor wir nass wurden, stiegen wir schnell wieder in die Stadt hinab – dieses Mal auf dem offiziellen Weg. Falls du auch vorhast, die Stadtmauern zu begehen, empfehlen wir dir festes Schuhwerk. Insbesondere der Trampelpfad auf den Berg war von losem Geröll geprägt und auch auf den Treppen aus der Altstadt kommend, haben wir die Menschen in Flip Flops nicht unbedingt um ihre Schuhwahl beneidet.
Neben der atemberaubenden Natur und der historischen Altstadt, waren die Katzen für uns ein weiteres Highlight von Kotor. Seit jeher waren sie wichtige Mäusejäger und Rattenfänger. Mittlerweile sind sie jedoch ebenfalls ein Zeichen von Glück und Wohlstand – und nicht zuletzt ein Touristenmagnet. In der Altstadt findest du wirklich viele freilaufende Katzen, die sich gerne an den Gebäuden niederlassen und das Stadtbild verschönern. Einige Katzen sind sehr zutraulich und lassen sich bereitwillig kraulen.
Auch in Kotor hätten wir gerne noch sehr viel mehr Zeit verbracht, um zum Beispiel auch die Nachbardörfer an der Bucht zu besuchen. Allerdings rückte unsere Heimreise mit großen Schritten näher und wir hatten noch viele Kilometer vor uns.
Unterwegs – Dubrovnik, Split und Zagreb
Viele Stunden Busfahrt in einem heißen Bus ohne Klimaanlage brachten uns von Kotor nach Dubrovnik. Die Tickets kauften wir auch für diese Fahrt am Busbahnhof in Kotor. Da wir online kaum Informationen fanden, waren die aushängenden Fahrpläne und die Dame am Schalter unsere einzige Reiseauskunft. Dubrovnik wäre natürlich auch eine Reise wert, insbesondere für Game of Thrones-Fans, aber wir waren nur auf der Durchreise. Und auch der Busbahnhof war überraschend schön und gut ausgebaut.
Von Dubrovnik ging es, ebenfalls mit dem Bus, weiter nach Split, von wo aus wir abends in den Nachtzug nach Zagreb steigen wollten. Wir kamen nachmittags in Split an und genossen den letzten Sommertag: Wir suchten uns auf unserer Kartenapp den direktesten Weg zum Strand, schleppten uns und unsere Rucksäcke dahin und verbrachten den sonnigen Oktobernachmittag mit unseren Füßen im Sand. Ein bisschen Strandurlaub musste einfach sein.
Mit dem Nachtzug ging es weiter nach Zagreb. Dank der Nebensaison war der Nachtzug sehr leer. Obwohl wir kein Schlafabteil reserviert hatten, hatten wir ein ganzes 6-Personen-Sitzabteil für uns. Zugegeben, das war ein Fehler. Wir konnten zwar einigermaßen bequem auf den Sitzen liegen, es war jedoch bitterkalt im Zug, sodass wir selbst mit Jacken und Handtüchern zugedeckt froren und kaum schlafen konnten. Das ist sicherlich nicht die Nachtzugerfahrung, wegen der Nachtzüge immer mehr an Beliebtheit gewinnen. In Zagreb mussten wir am frühen Morgen leider mehrere Stunden auf unseren Anschluss warten und nutzen die Zeit, um in der Wartehalle noch ein wenig zu schlafen. Dann konnten wir endlich in den Regionalzug steigen, der uns an unser letztes Ziel bringen sollte.
Bled
Der letzte Halt unserer Interrailreise durch Osteuropa war der Luftkurort Bled in Slowenien. Während wir bisher noch in kurzen Hosen und Tops durch die Städte spazierten, waren wir in Bled froh um unsere Pullover: Der Herbst hatte hier eindeutig begonnen und auf 500 m Höhe am Rande der Julischen Alpen war es hier dementsprechend kalt.
Wir übernachteten nicht in Bled selbst, sondern in der angrenzenden Gemeinde Lesce. Bled selbst hat keinen Bahnhof und alle Übernachtungsmöglichkeiten in der Gemeinde sind sind extrem teuer. In Lesce hatten wir ein Zweierzimmer in einer netten Jugendherberge.
Bled ist vor allem wegen seines Sees bekannt, in dessen Mitte eine pittoreske Kirche auf einer Insel steht. Der Ort ist verständlicherweise sehr touristisch geprägt, denn neben der hervorragenden Luftqualität kriegt man hier einiges geboten: Spaziergänger, Radfahrer, Wanderer und Wassersportfreunde kommen in Bled gleichermaßen auf ihre Kosten.
Zwischen Lesce und Bled liegen 5 km, die wir am ersten Tag zu Fuß gegangen sind und die einen schönen Spaziergang bilden. Abseits von großen Städten ist hier keine große Lichtverschmutzung und so konnten wir auf dem Rückweg vom See einen romantischen Spaziergang mit klarer Sicht auf die Sterne genießen. Am zweiten Tag haben wir den kostenlosen Shuttleservice unserer Jugendherberge in Anspruch genommen und hatten dadurch genügend Zeit, um auch um den See herum zu spazieren und einige Aussichtspunkte neben dem See zu erklimmen. Bei strahlendem Sonnenschein entstanden hier einige unserer Lieblingsfotos. Zugegeben, es wurde uns durch die perfekte Aussicht auf die verträumte Kulisse auch sehr einfach gemacht, gute Fotos aufzunehmen.
Wer mehr Zeit hat, kann in Bled noch einiges mehr erkunden. Die Kirche auf der Insel kann man per Boot erreichen, auf einem Berg neben dem See liegt eine Burg, die als Museum besichtigt werden kann und in der direkten Umgebung gibt es viele Sport- und Freizeitangebote, von Bergsteigen über Radfahren und Rafting ist hier einiges geboten.
In Bled endete für uns die gemeinsame Reise. Der letzte Reisetag führte Laura zurück nach Aachen und Nicole nach Glarus.
Mit Interrail Osteuropa erkunden – Unser Fazit
Unsere Interrail-Reise durch Osteuropa ist für uns beide eine unserer schönsten und abenteuerlichsten Sommer mit den besten Geschichten. Unsere Aufenthalte in den Städten waren kaum geplant: Wir kamen an, folgten den Empfehlungen unserer Gastgeber und den anderen Locals, spazierten durch die Altstädte, folgten Wegweisern und gingen dahin, wo es schön aussah. Wir hatten nie das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben, sondern nur öfter das Gefühl, unbedingt wiederkommen zu müssen. Auch die Natur in Montenegro und Bled hat uns definitiv Lust auf mehr gemacht. Und wer weiß, wohin die nächste Reise führt…?
4 Kommentare
Vielen Dank für diesen tollen Artikel! Diesen Sommer hatten wir ein Teambuilding-Event mit einer Zugreise zum Bleder See. Es ist wirklich ein atemberaubender Ort, und alle waren von der Schönheit des Sees und der umliegenden Natur überwältigt.
Hey Laura und Nicole,
danke für den schönen Erfahrungsbericht über Osteuropa. Die Region ist, aus welchen Gründen auch immer, total unterschätzt. Ich vermute aber mal, dass bald mehr Menschen reisen dorthin reisen werden, weil Länder wie Spanien, Frankreich et cetera immer teurer werden und die meisten Interrailer sich das nicht leisten können. Zu Bratislava kann ich euch sagen, dass ihr nicht so viel verpasst habt. Ich war dort drei volle Tage und das war viel zu lang. Eine Nacht ist recht kurz, aber mehr als zwei sollten es dann auch nicht sein.
Viele Grüße,
Julian
Osteuropa würde ich geografisch zwar woanders verorten und die Österreicher und Slowenen würden lauthals protestieren, so bezeichnet zu werden. Aber der Balkan ist sicher eine Reise wert 😉 schöne Bilder.
Hallo Petra, eine starr festgelegte Definition von Osteuropa gibt es ja nicht, Slowenien gehört laut EuroVoc aber dazu 🙂 Österreich natürlich nicht, aber das hätte hier auch nie jemand behauptet. Im Text heißt es ja, nach dem Abschnitt der Anfahrt über Wien, “Unser erstes Ziel in Osteuropa war die slowakische Hauptstadt Bratislava…”. Und ich denke, die Anfahrt ist es durchaus wert, beschrieben zu werden 🙂
Liebe Grüße
Sina