Eine Reise nach Indien ist eine Entdeckung – egal, ob man sich für Geschichte, Kultur, Yoga und Ayurveda oder seine Landschaften und Tiere interessiert. Gleichzeitig kann selbst eine mehrwöchige Reise nicht mehr als eine Annäherung sein: vom ewigen Eis des Himalayas bis zu den Tropen kannst du in Indien alles finden und wirst dich doch auf einige wenige Regionen beschränken müssen. Unsere Gastautorin Petra erkundet Indien alleinreisend mit ihrer Kamera – und versucht, sich der schier unfassbaren Vielfalt des Subkontinents anzunähern.
In diesem Beitrag
Unglaubliches Indien
„Incredible India“ ist der Marketingslogan des indischen Tourismusbüros und er könnte kaum besser gewählt sein. Indien ist mehr als ein Land. Es ist ein Subkontinent, unglaublich vielfältig, bunt und voller Kontraste. Ein Vielvölkerstaat mit 28 Bundesstaaten, zahlreichen Ethnien und 22 in der Verfassung anerkannten Sprachen. Eine der ältesten Hochkulturen mit einer entsprechend langen und wechselhaften Geschichte, uralten Traditionen und Mythen. Die beiden großen Religionen, Buddhismus und Hinduismus entstanden in Indien, des Weiteren Sikhismus und Jainismus später kamen der Islam und das Christentum hinzu. Es ist das siebtgrößte Land der Erde mit einer Fläche ungefähr so groß wie Westeuropa und rangiert mit bald 1,4 Mrd. Einwohnern kurz hinter China. Jeder sechste Bewohner dieses Planeten ist Inder, und Indien spielt international eine immer wichtigere Rolle, die uns in Europa oft wenig bewusst ist.
Die beste Reisezeit für Indien
Aufgrund der Ausmaße des Landes gibt es zu jeder Jahreszeit Regionen, die man gut besuchen kann. Insgesamt herrscht im Nordwesten Indiens kontinentales Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern, weiter südlich geht es in ein tropisches bis subtropisches Klima über, insbesondere an den Küsten mit Regen- und Trockenzeiten.
Für weite Teile Nord- und Zentralindiens ist ein Besuch im Spätherbst bis Frühjahr ratsam, wenn es noch nicht so drückend heiß ist. Ab Oktober bis in den Februar muss man aber besonders in Delhi und Umgebung mit viel Smog rechnen, auch weil die Bauern ihre Felder abbrennen. Der Sommer eignet sich für einen Besuch der nördlichen Bergregionen des Himalayas, während im Süden der Monsun herrscht und sich ein Besuch in Kerala, Tamil Nadu oder Karnataka eher im Rest des Jahres anbietet (die Temperaturen sind dort relativ gleichbleibend um die 27 Grad, im Oktober und November kann es eine weitere kleinere Regenzeit geben).
Für meine dreiwöchige Reise im November hatte ich neben Delhi und Agra eine Woche in Rajasthan und eine Woche in Kerala geplant. Diese Mischung bot viel Abwechslung und sehr unterschiedliche Eindrücke aus dem Norden und Süden Indiens.
Wie sicher ist Indien?
Indien hatte seine Grenzen gute anderthalb Jahre für ausländische Touristen pandemiebedingt geschlossen und erst im November 2021 wieder geöffnet. Eine zweifache Corona-Impfung ist Pflicht, ggfs. auch eine Booster-Impfung sowie ein negativer PCR-Test vor Einreise. Weitere Impfungen sind empfehlenswert (Hepatitis A, B, Tollwut, Gelbfieber). Aktuelle Informationen findest du auf der Website des Auswärtigen Amtes.
Hygiene ist in Indien auch unabhängig von Corona wichtig, du solltest etwa immer nur gekochte Speisen verzehren und kein Wasser aus der Leitung, sondern nur aus versiegelten Flaschen trinken. Obst schäle möglichst selbst. Weitere Hygienetipps und Vorschläge für die Reiseapotheke bieten einschlägige Reiseführer über das Land. Wenn du diese Regeln befolgst, kannst du gut ohne Magenprobleme durch das Land kommen.
Es empfiehlt sich, lange, lose Kleidung zu tragen, am besten mit lokalen Accessoires wie Schals. Schon nach wenigen Tagen entwickelst du ein Gefühl dafür, ob die Menschen dich nur freundlich grüßen, weil sie z. B. froh über die Rückkehr von Touristen sind, oder ob es ratsamer ist, Leute, die dich ansprechen, lieber zu ignorieren. Alles in allem sind die Menschen in Indien sehr freundlich, aber eben auch neugierig und für europäischen Geschmack manchmal etwas distanzlos.
Wie komme ich in Indien herum?
Als Europäer fällt man in Indien auf, was ich selbst so auch nicht erwartet hatte. Das bedeutet nicht, dass du dich nicht allein im Land bewegen kannst, du solltest aber Vorsicht walten lassen und (z. B. mit Google-Maps) grob den Überblick behalten, wohin dich Taxi- oder Rikschafahrer bringen. Ebenso wenig solltest du allein an abgelegenen Orten, Ruinen oder leeren Parks spazieren gehen, insbesondere nicht als Frau. Auch nachts solltest du dich in Indien nicht allein auf den Weg machen bzw. nur mit vertrauenswürdigen, z. B. vom Hotel organisierten Taxis unterwegs sein, auch wenn sie vielleicht etwas teurer sind.
Zugfahren ist in Indien ein besonderes Erlebnis, oft solltest du hierfür aber mehr Zeit mitbringen, ebenso wie für Busfahrten. Ausnahmen bilden die Expresszüge, mit denen du sehr gut und schnell ans Ziel kommst. Die Flugverbindungen innerhalb Indiens sind gut und relativ günstig, die Standardpreise beinhalten jedoch oft nur 15 kg Aufgabegepäck. Für Zug und Flugzeug kannst du die Tickets online buchen, auch die Kontrolle im Zug erfolgte z. B. auf meiner Fahrt nach Agra per Tablet. High Tech und Affen auf den Bahnsteigen – in Indien geht das gut zusammen.
Über die vielen Regionalsprachen und Hunderte weiterer Dialekte hinweg ist Englisch das verbindende Element und neben Hindi offizielle Sprache der Zentralregierung. Dennoch sind die Englischkenntnisse der Inder je nach Bildungsstand sehr unterschiedlich – meist aber ausreichend, um zurecht zu kommen.
Wie und wo kann ich übernachten?
An Übernachtungsmöglichkeiten herrscht in Indien kein Mangel und du findest das gesamte Spektrum von einfach und günstig bis Luxushotel. Sauberkeit ist für mich oberstes Gebot bei der Auswahl, aber auch in einfacheren Unterkünften zu finden. Buchbar sind die meisten Unterkünfte über internationale Online-Portale. Ich empfehle die Abwechslung: ein paar Tage Strandhotel zum Entspannen, dazwischen immer wieder B&B mit Familienanschluss (in Indien Homestay genannt), denn gerade dort kommt man mit den Gastgebern ins Gespräch und lernt am meisten über das Land und die Menschen.
So übernachtete ich in Agra bei einem auf Implantate spezialisierten Zahnarzt, der seine Pension hauptsächlich für seine ausländischen Patienten eingerichtet hatte. Dass er gleichzeitig mehrfach erwähnte, Brahman zu sein, und stark für die Rechte der Hindus eintrat, die 80% der Bevölkerung ausmachen, sorgte für eine angeregte Unterhaltung über die aktuelle politische Situation und die zwar abnehmende, aber immer noch starke Präsenz des Kastensystems.
In dem kleinen, aber feinen Strandhotel in Marari (Kerala), A Beach Symphony, lernte ich über die Mitarbeiter eine Hilfsorganisation in selben Ort kennen und besuchte sie unangemeldet. Die Hilfsorganisation fördert mithilfe einer deutschen Partnerorganisation insbesondere junge Mädchen und bildet sie zu Krankenschwestern aus. Ich entschloss mich spontan, ein Mädchen zu „sponsorn“, da meine bisherige Patenschaft gerade ausgelaufen war. Außerdem konnte ich im Hotel dem Koch über die Schulter schauen und meinen kleinen Kochkurs in Delhi um südindische Rezepte ergänzen.
Fotografische Annäherung an den indischen Subkontinent
Schon auf dem Hinflug nach Indien überlegte ich, wie ich die Reise am besten fotografisch begleiten sollte. Braucht es wirklich ein weiteres Bild des Taj Mahal? Wohl kaum. Ich entschied mich daher zunächst, besonders auf Muster und Formen zu achten und neben all der Pracht und den Farben auch ruhigere Motive zu suchen.
Eine weitere Idee ergab sich dann ganz überraschend und unerwartet…
Indiens Selfie-Mania
Schon an den ersten Tagen in Delhi merkte ich, dass ich als Europäerin für die Inder ein exotischer Anblick war. Ich besuchte die klassischen Sehenswürdigkeiten in Delhi und Agra (die jeweils drei UNESCO-Weltkulturerbestätten zu bieten haben) und war aufgrund der erst kürzlichen Öffnung der Grenzen für Touristen meist die einzige Europäerin vor Ort. Das konnte doch aber nicht der einzige Grund sein, warum gefühlt alle fünf Minuten Menschen auf mich zukamen und ein Selfie mit mir machen wollten? Ganz egal, ob junge Mädchen, Studenten oder ganze Familien – alle wollten ein Foto mit mir. Auf meine Rückfrage, warum sie ein Bild mit einer ihnen völlig unbekannten Person wollten, bekam ich meist keine Antwort und so lehnte ich die Selfie-Anfragen oft genervt ab.
Am dritten Tag in Indien kam mir dann plötzlich eine Idee: warum nicht die Selfie-Begeisterung der Inder für meine eigene Leidenschaft nutzen? In liebe es, Porträts zu machen und in vielen Ländern ist das schwierig, da nicht alle Menschen fotografiert werden möchten. Natürlich braucht es für ein sehr gutes Porträt mehr Zeit, man muss die Person und ihren Charakter kennenlernen, ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Diese Zeit hat man leider auf vielen Reisen nicht, dennoch ist es immer einen Versuch wert, mit Leuten ins Gespräch zu kommen und am Ende vielleicht ein schönes Porträt zu erhalten.
Von jetzt ab schaute ich mir die Fragenden mit meinem fotografischen Blick an, und wenn ich jemanden interessant fand, mit ausdrucksvollem Gesicht oder schön gekleidet, schloss ich ein „Geschäft“ ab: Ein Selfie für sie und ein Porträtfoto für mich. Im Geiste dachte ich an eine Art Galerie „Gesichter Indiens“ und versuchte, Menschen verschiedener Altersgruppen, Ethnien und Religionen vor mein Objektiv zu bekommen. Das Schwierigste war dabei, den Porträtierten zu vermitteln, dass sie normal bis ernst schauen und nicht unbedingt breit lächeln sollten. Das gefällt mir für Porträts in der Regel besser, stieß aber oft auf Erstaunen und meist machte ich zunächst ein paar Bilder mit „Instagram-Lächeln“, damit sich die Person entspannte, bevor ich diese Bitte äußerte. Ob es gut funktioniert hat, sieh selbst:
Meine Fotoausrüstung
Ich war mit meiner Canon EOS R unterwegs sowie meinem RF 24-70mm-Objektiv, das relativ lichtstark ist (f 2,8 auf der gesamten Brennweite), aber keine Teleeigenschaften bietet. Dafür hatte ich mich nach einigen Tests mit dem nächstgrößeren Objektiv (RF 24-105mm f4) entschieden, da mir Lichtstärke wichtiger ist als mehr Brennweite. Aber das ist natürlich davon abhängig, was dein Ziel ist und was für Motive du fotografierst. Um dies herauszufinden, kannst du vor deiner Reise Objektive für ein paar Tage mieten und testen. Das erspart schlimmstenfalls einen Fehlkauf. Außerdem hatte ich meine Fuji F100X dabei, die klein, handlich und dennoch leistungsfähig ist und in jede Handtasche passt.
Motive in Indien
Meinem fotografischen Thema „Muster und Formen“ treu zu bleiben, war nicht einfach. Indien überwältigt mit Farben, Formen, Gerüchen, Lärm und Menschengewirr. Hier einzelne Motive herauszukristallisieren, schien mir manchmal komplett hoffnungslos zu sein. In den vielen Palästen der Mogulherrscher und natürlich dem Taj Mahal als letzte Ruhestätte von Shah Jahan und Mummtaz, wirst du auf der Suche nach Motiven aber mehr als fündig. Sie sind beeindruckende Beispiele für die Weiterentwicklung der islamischen Architektur und ihrer Verschmelzung mit lokalen hinduistischen Bauelementen zu einem eigenen, indo-islamischen Baustil. Die geometrisch angelegten Gärten, die das Paradies symbolisieren, haben wiederum persische Wurzeln. Die Bauwerke überbieten sich gegenseitig an Pracht, Filigranität und Kunstfertigkeit.
Von Delhi ist ein Ausflug nach Agra einfach zu organisieren. Ich empfehle die Fahrt mit dem Schnellzug, der nur 1 Stunde und 40 Minuten braucht. Der Schnellzug fährt morgens hin- und abends zurück, ich rate aber unbedingt zu einer Übernachtung, da es neben dem Taj Mahal noch zwei weitere UNESCO-Stätten in Agra gibt (Agra Fort, das älter als sein Pendant in Delhi is, sowie der noch ältere Palast des Mogulherrschers Akbar in Fatehpur Sikri, ca. 30 km außerhalb von Agra).
Für das berühmte Taj Mahal solltest Du unbedingt früh aufstehen. Inder sind Spätaufsteher, so dass Du um sieben Uhr morgens zwar nicht alleine auf dem großen Gelände bist, aber die Zahl der Touristen überschaubar ist. Fotografisch kannst Du Dich hier austoben und versuchen, ganz verschiedene Bilder zu machen – auch jenseits der üblichen Postkartenfotos, zu denen ich weder Lust hatte, noch aufgrund des starken Smogs die Gelegenheit – obwohl man diesen auch kreativ als Nebel interpretieren könnte, und das Märchenhafte des Gebäudes so noch stärker herauskommt.
Farbenfroh und umtriebig – unterwegs in Rajasthan
Die zweite Etappe meiner Reise war Rajasthan – ein Bundesstaat, dessen Name Bilder von traumhaften Palästen und schroffen Bergen weckt. Ziele waren die Städte Jaipur (die „pinke“ Stadt) und Udaipur. Wenn du Zeit hast, solltest du auch noch Jodpur (die „blaue Stadt“) dazunehmen.
Jaipur, das gut in vier Stunden von Delhi per Zug erreichbar ist, ist eine alte Handelsstadt und hat mich mit seinen einheitlich rosa bzw. eher lachsfarbenen Mauern und dem bunten Handelstreiben in der Altstadt begeistert. Neben dem Stadtpalast und dem Palast der Winde (für die Hofdamen) gibt es nicht weit von der Stadt mit dem Amber Fort eins der sechs UNESCO-Forts Rajasthans zu sehen, das sowohl durch seine Lage auf einem Hügel als auch die Ausmaße mit einem Innenhof prächtiger als dem anderen den Atem raubt. Ebenfalls einen Besuch wert sind die kunstvollen Grabstätten der Herrscher von Jaipur sowie das Jantar Mantar – eine Anlage aus dem 18. Jahrhundert mit Bauwerken für astronomische Berechnungen, die unter anderem eine 27m hohe und auf zwei Sekunden genau gehende Sonnenuhr umfasst.
Udaipur ist im Vergleich relativ klein, besticht aber durch seine Lage am See und einen ebenso prächtigen Palast des Maharajas, der hier Maharana heißt. Für James-Bond-Liebhaber werden Erinnerungen an Octopussy wahr, und du kannst auf den Spuren von 007 eine Bootsfahrt über den Pichola-See zur Jagmandir-Insel machen. Ich habe außerdem eine geführte Radtour in die Umgebung gemacht, um ein paar Eindrücke vom Land zu bekommen. Solche geführten Touren oder auch Stadtwanderungen werden in den meisten Städten angeboten und sind entweder direkt oder über die Unterkunft buchbar, ebenso wie Yoga- oder Kochkurse. Am besten alles einmal ausprobieren! Bei den Radtouren geht es oft sehr früh am Morgen los, um vor der Rushhour sicher durch den Verkehr zu kommen. Zudem ist es morgens noch nicht zu heiß. Das Aufstehen lohnt sich natürlich aus fotografischer Sicht allemal, ist doch das Licht dann besonders zauberhaft.
Kerala: Andere Sprache, andere Klimazone, aber immer noch Indien
Gerade hatte ich ein paar Wörter Hindi gelernt, insbesondere den universellen (und Corona-tauglichen) Gruß mit zusammengelegten Handflächen und einem „Namasté“ auf den Lippen, ging es auch schon nach Kerala, einen der kleineren Bundesstaaten am südwestlichen Zipfel des Subkontinents und dem arabischen Meer gelegen. In Kerala spricht man Malayalam, und an der Küste gibt es viele Christen und entsprechende Kirchen in schreiend bunten Farben.
Etwas weiter im Landesinneren, in den Western Ghats, einer bis 1.500m hohen Bergkette, die wegen ihrer Biodiversität ebenfalls zum Weltkulturerbe gehört, leben wiederum viele Moslems, was auf die alten Handelsbeziehungen mit der arabischen Halbinsel zurückgeht. Aus Kerala kommen nämlich die meisten Gewürze, es werden Tee und Kaffee angebaut, und gerade vor Weihnachten war das perfekt, um zahlreiche Tütchen mit Kardamom, Zimt und Gewürznelken als Mitbringsel in den Koffer zu packen.
In den Bergen liegt auch der Periyar Tiger Nationalpark. Dort siehst du zwar nur selten Tiger, da das Gebiet einfach zu groß ist, aber auf Trekkingtouren kannst du Bergelefanten, viele Affenarten, Wild und mit Glück einen Leoparden sehen. Unbedingt ein Fernglas mitnehmen! Aufgrund der ungewöhnlich starken Regenfälle konnte ich eine solche Wanderung leider nicht machen, aber eine Tour mit dem Jeep bot fantastische Ausblicke auf den Regenwald und die Teeplantagen.
In Kumily, wo ich übernachtete, aber auch andernorts ist der Besuch einer traditionelle Kathakali-Aufführung ein Muss. Das rein pantomimische Stück wird jeden Abend aufgeführt, und die Schauspieler beginnen schon lange vorher mit dem Schminken und verkleiden. Hier durfte ich dabei sein und fotografieren – eine ganz besondere Erinnerung. Es lohnt sich daher, einige Zeit vor Beginn der Aufführung vor Ort zu sein.
Unterschätze nicht die Fahrt von der Küste in die nur 150km entfernten Berge – es dauert wirklich 4-5 Stunden, da alle Dörfer am Straßenrand in einander überzugehen scheinen und immer irgendwer oder irgendetwas auf der Straße steht, was da nicht unbedingt hingehört. Von Serpentinen, die ein Überholen unmöglich machen, ganz zu schweigen. Du nimmst dir am besten einen Fahrer und genießt die Landschaft!
Wieder an der Küste verbrachte ich ein paar Tage zum Entspannen dem kleinen Hotel Beach Symphony (s.o.) mit nur vier Bungalows. Baden im Meer, Spaziergänge und abendliche Yoga-Stunden auf der Veranda standen auf dem Programm. Außerdem beobachtete ich das Leben am Strand und die Fischer mit ihren bunten Booten oder auch vom Ufer aus beim Fischfang und unterhielt mich pantomimisch mit dem Nachbarn, der allmorgendlich seine Perserkatze an der Leine zum Spaziergang ausführte. (s. Porträtgalerie oben). Die Kamera war natürlich auch dabei…
Typisch für Kerala, das vielen als eine der schönsten Provinzen Indiens gilt, sind die vielen Wasserstraßen im Hinterland um den großen Vembanad-See herum. Eine Bootstour ist ein Muss, möglichst mit einem kleineren Boot, damit du in die schmalen Kanäle fahren kannst. Wer möchte, kann aber auch auf einem Hausboot mehrere Tage durch die Backwaters schippern. Hier hatte ich manchmal das Gefühl, in die Privatsphäre der Menschen einzudringen, die am Ufer ihre Wäsche wuschen, Zähne putzten oder sonstige Arbeiten erledigten.
Das Leben in den Backwaters, die unerbittlichen sozialen Zwänge, die die Gesellschaft vor nur wenigen Jahrzehnten noch beherrschten, und die Rolle der bis heute erfolgreichen Kommunistischen Partei Keralas lassen sich sehr gut in dem Roman der Booker-Preisträgerin Arundhati Roy „Der Gott der kleinen Dinge“ nachvollziehen, der dort spielt und autobiografische Züge trägt.
Nach und von Kerala fliegt man entweder über Trivandrum oder Kochi. Letzteres liegt auf mehreren (Halb)inseln und war das Tor Südwest-Indiens für den Gewürzhandel mit China und dem Nahen Osten, der zunächst portugiesische, später auch niederländische Händler anlockte (Vasco da Gama lag hier zwischenzeitlich begraben). Von dieser Multikulti-Vergangenheit zeugen die berühmten chinesischen Fischernetze an der Uferpromenade, Kirchen, Moscheen und ein jüdisches Viertel. In den Straßen des alten Kochis kannst du nette Läden, Cafés und Künstlerateliers finden und in zu Boutiquehotels umgestalteten alten Handelshäusern übernachten, z.B. im wunderschönen Hotel Fort Kochi.
Indien – Mein Fazit
Es wird kolportiert, dass die indische Premierministerin Indira Gandhi einmal zum Regierungschef von Singapur, Lee Kwan Yew, der sie zu einer liberaleren Wirtschaftspolitik bewegen wollte, sagte: „Sie regieren ein Einkaufszentrum, ich einen Subkontinent, also belehren Sie mich nicht“.
In diesem Sinne kann auch eine dreiwöchige Reise nur eine Annäherung an dieses unglaubliche Land sein. Ich nehme viele Anregungen mit wie z. B. einen anderen, weniger eurozentrischen Blick auf die Welt, die Vielfalt von Religionen und Ethnien, die neben- wenn nicht sogar miteinander leben und trotz gelegentlicher Spannungen weitgehend friedlich miteinander auskommen. Armut und Hightech, Demografie und Klimawandel, jahrtausendealte Weisheiten und Praktiken, von denen Yoga nur eine ist, und viele tolle indische Rezepte. Es wird noch eine Weile dauern, dieser Reise „nachzuspüren“, und ich freue mich schon auf die nächste. Es gibt noch viel zu entdecken…
Petra
* Einige Links in diesem Artikel sind Affiliate Links. Das bedeutet, dass wir eine kleine Provision kriegen, wenn du etwas über diesen Link bestellst. Du hilfst uns damit, Lichter der Welt am Laufen zu halten, damit wir weiterhin Artikel wie diesen schreiben können. Für dich wird der Kauf dadurch natürlich nicht teurer! Alle Produktempfehlungen sind trotzdem unabhängig und spiegeln unbeeinflusst unsere Meinung und Erfahrung wider.
3 Kommentare
Eine ganz andere Kultur, eine ganz andere Welt, möchte so gerne nach Indien. Aber mein Mann möchte dort nicht hin 🙁 eher mag es eher Europäisch. Bin aber doch davon überzeugt das ich irgendwann mal Indien sehen werde, danke für die Einblicke.
Lg Alisa
Vielen Dank für die spannende Lektüre und die beeindruckenden Bilder! Die praktischen Tipps sind sehr hilfreich. Ich habe viel erfahren und habe richtig Lust auf eine Indien-Reise.
Liebe Marinela, das freut mich sehr, wenn der Artikel inspirierend war und Dir Lust auf eine Reise macht. Ich werde sicher wieder nach Indien fahren und weitere Regionen erkunden.