Es sind diese Ideen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ideen, die kommen wie ein flüchtiger Gedanke, eine schnelle Überlegung, vielleicht ein flapsiger Spruch. Ideen, träumerische Überlegungen, die nie dafür gemacht waren, für immer zu bleiben, die den Kopf aber nicht mehr verlassen können. Die sich festsetzen und bleiben. Die reifen, oft über Jahre. Die man vielleicht ignorieren kann, vielleicht als naiv und dumm abtun. Die aber dann, wenn man sich ihnen zuwendet, zu etwas ganz, ganz Großem werden. Die genau das Richtige sind. Und die das ganze Leben völlig verändern.

Genau so einer Idee sind wir gefolgt.

Wie wäre es, wenn die Fotografie mehr wäre?

Wie wäre es, wenn unsere Fotografie mehr wäre als das Festhalten schöner, unwiederbringlicher Momente, glücklicher Menschen oder majestätischer Landschaften? Wie wäre es, wenn wir mit unserer Fotografie sicher nicht die Welt verändern, aber vielleicht doch ein Bewusstsein schaffen, auf Unbekanntes aufmerksam machen können? Wie wäre es, wenn wir mit unserer Fotografie Geschichten unserer Zeit erzählen würden – Geschichten, die wir nur genau jetzt erzählen können, weil die Welt sich schon in wenigen Jahre zu massiv geändert hat?

Wie wäre es, wenn wir mit unserer Fotografie in einem mehrjährigen, großen Projekt DIE Geschichte unserer Zeit erzählen?

Wenn wir mit unserer Fotografie zeigen, wie die Welt sich verändert und wie das die Menschen, mit denen wir diese Welt teilen, beeinflusst?

Wie wäre es, wenn wir uns auf machen, uns mit unseren Kameras auf den Weg machen. Nicht in 40 Jahren. Sondern jetzt.

Und die Geschichte unserer Welt in der aktuellen Zeit des extremen Wandels fotografieren. 

2 Grad

2 Grad. Das ist das Ziel der internationalen Klimapolitik, der Regierungen weltweit. Um 2 Grad Celsius soll sich unsere Welt maximal erhitzen – nicht weiter.

2 Grad soll ermöglichen, dass der Planet und das Leben auf ihm nicht zu sehr beschädigt wird. Dass nicht zu viele Tiere und Pflanzen aussterben, nicht zu viele Lebensräume unbewohnbar werden, nicht zu viele Menschen Katastrophen erleiden, die sie töten oder aus ihren Regionen vertreiben.

2 Grad soll ermöglichen, dass wir in den westlichen Industrienationen und gemäßigten Zonen – wir, die es sich leisten können – gar nicht so viel mitkriegen vom Klimawandel. Dass wir weiter darüber streiten können, ob es nicht eigentlich sogar ganz nett wäre, wenn es ein bisschen wärmer wäre.

Bei Einhaltung des 2-Grad-Klimaziels sollen wir weiter ignorieren können, was vor sich geht. 

Millionen Menschen auf der Welt können das nicht. Millionen Menschen auf der Welt und ihre Lebensräume sind nicht erst in 50 Jahren, sondern schon heute massiv vom Klimawandel betroffen. Es sind diejenigen Menschen, die selbst am allerwenigsten zum Klimawandel beigetragen haben.

Naturnah lebende Völker, indigene Stämme auf der ganzen Welt, kämpfen bereits heute mit den konkreten Folgen der Veränderung des Weltklimas auf ihr Leben.

Sie kämpfen gegen Dürren und den steigenden Meeresspiegel, gegen Verödung von Land, neue Krankheiten, Plagen, Umweltkatastrophen und den Rückgang des Ewigen Eises. Der Klimawandel trifft die Inuit in Alaska, die Nenzen in Sibirien, die Kuna in den Tropen Mittelamerikas und die Tuareg in der Wüste Afrikas, denen nur eins gemeinsam ist: ihre naturnahe Lebensweise.

Und diese Völker beginnen, aufzuschreien, auf sich aufmerksam zu machen. Ihr Appell: Mit der 2-Grad-Grenze versucht ihr, euch zu retten. Aber ihr opfert uns.

Unser Vorhaben

Der Klimawandel ist das drängendste, gewaltigste Problem unserer Zeit. 

Ja, wir gehen es an, wagen etwas ganz Großes. Und zeigen, was bisher noch nicht gezeigt worden ist.

Unser Vorhaben: Wir wollen die Auswirkungen des Klimawandels auf indigene, naturnah lebende Völker auf der ganzen Welt in einem dreijährigen Fotoprojekt dokumentieren.

Hierfür werden wir um die ganze Welt reisen und jeweils einige Wochen bis Monate mit verschiedenen indigenen Völkern in allen Klimazonen leben.

Und dokumentieren mit unseren Kameras und Texten, was bisher noch nicht dokumentiert worden ist.

Vor Ort bekommen wir einen Einblick in die naturnahen, zum Teil noch sehr traditionellen Lebensweisen der indigenen Menschen, lernen ihre Wünsche, Gedanken, Sorgen und Träume kennen. Wir erfahren hautnah, wie sich ihr Lebensraum schon heute massiv ändert und der Klimawandel schon jetzt konkrete Auswirkungen auf ihr Leben, ihre Arbeit, ihre Heimat hat. Mit unseren Kameras begleiten wir die Menschen, die uns dazu einladen, bei ihren täglichen Aufgaben, in ihrem Alltag, bei ihren Bräuchen und Festen.

Das Projekt wird die in Mitteleuropa noch so abstrakte Problematik des Klimawandels an konkreten Lebenseinblicken und Geschichten zeigen. Wie verändert sich unsere Welt? Wie verändert sich unser Leben in ihr? Hieraus wird ein Bildband entstehen, den wir nach dem Projekt veröffentlichen. 

Die indigenen Völker der Welt

Indigene Völker leben auf jedem Kontinent außer der Antarktis und in allen Klimazonen. Schätzungen der UN gehen von 370 Millionen indigenen Menschen auf der Welt in 5000 verschiedenen Kulturen aus. Menschen, die wir mit unserer Lebensweise, unserer Klimapolitik opfern. Dies sagen nicht nur indigene Vertreter selbst, sondern auch führende westliche Klimaforscher (vgl. z. B. Berichte des Weltklimarats IPCC seit 2018).

So kämpfen die indigenen Völker der Arktis in Nordamerika mit dem Rückgang des Ewigen Eises, was schon heute zu Umsiedlungen führt, während die indigenen Nenzen im Norden Russlands durch das Auftauen der Permafrostböden von eigentlich ausgestorbenen Krankheiten wie Milzbrand gefährdet werden, während ihre Rentiere verhungern, weil sie nicht mehr zu den Weideplätzen gelangen.

Auf Inseln lebende Völker wie die Kuna in Panama können ihren Lebensraum nicht halten, weil dieser durch den Anstieg des Meeresspiegels sprichwörtlich untergeht. Völker in Südamerika leiden an extremen Wassermangel, Völker in Afrika geben ihre nomadische Lebensweise auf, weil sie durch Austrocknung des Bodens keine Weidegründe für ihre Tiere mehr finden. In Australien verklagen die Aborigines die Regierung, weil diese nichts gegen den Klimawandel unternimmt, der ihr Land verschwinden lässt.

Es ist an der Zeit, diese Geschichten zu erzählen.

Es geht los

Unser großes Projekt – es schlummerte über Jahre. Erst in unseren Köpfen, wo es sich immer mehr manifestierte, dann schließlich in den ersten Berechnungen, Recherchen, Tabellen, Exposés. 

Nun endlich, Mitte 2022, können wir euch davon erzählen. Schon sehr bald geht es los!

Wie wir unser dreijähriges Projekt genau umsetzen werden, wie wir unterwegs sein werden, alles zu unseren Planungen und Vorbereitungen zeigen wir dir in den nächsten Wochen.

Und dann beginnt sie, unsere Reise in die Welt.

Wir können es nicht erwarten!

Autor

Ich bin Sina, Mitbegründerin von Lichter der Welt, Fotografin und leidenschaftliche Weltenbummlerin. Ich liebe Natur, Freiheit, die Sonne auf meinem Gesicht und den Wind in meinen Haaren. Schon als Kind saß ich fasziniert vor dem Globus und malte mir aus, die Weite dieser Welt zu entdecken. Heute lebe ich diesen Traum und sammle Tipps, Inspirationen und Erfahrungen für dich!

10 Kommentare

  1. Karin & Markus Antworten

    Liebe Sina, lieber Jan,

    auch wir finden euer Projekt wundervoll und beeindruckend. Auch uns gehen seit einiger Zeit Gedanken im Kopf herum, wie wir aus unserer Fotografie mehr machen und etwas bewirken können. Euer Projekt ist da eine große Inspiration für uns.

    Wir wünschen euch dafür alles erdenklich Gute und sind gespannt auf die Geschichten, die ihr erzählen werdet.

    Liebe Grüße,

    Karin & Markus

  2. Ein wunderschönes Projekt außerhalb der Republik des Konsums. Ich bin gespannt was wir von den Völkern lernen und mit welcher reichen Erfahrung ihr andere Menschen inspiriert mehr zu tun, sich zu engagieren, zu kämpfen für andere, für uns, für euch. Ich wünsche euch viel Kraft, Mut und Spaß auf eurer Reise

    • Vielen Dank für deine Sicht zum Thema und die guten Wünsche! Wir sind sehr gespannt, was uns erwartet und werden vom ganzen Weg berichten!

  3. Hallo,
    alle Achtung zu diesem Projekt. Das ist aus menschlicher Sicht absolut richtig. Wir produzieren Müll (also CO2) und kippen es Unbeteiligten vor die Tür; die noch nicht einmal davon pofitieren. Nur meine Prognose: viele finden das richtig, aber wenn wir wirklich zurückstecken müsse, dann wird die “Luft dünn”. Wir machen alles, wenn es nicht “weh tut”. Reine Egoismus!!
    Pessimismus ist keine Option! Also weitermachen. Nur Looser machen nichts.
    Gruß Jens

  4. Hallo Ihr Beiden, ich finde es absolut bewundernswert was Ihr Euch vorgenommen habt ! Es ist großartig, daß Ihr nicht nur zum “schöne Landschaften fotografieren” unterwegs seid, sondern das Projekt einen ernsten und wichtigen Hintergrund hat. Ihr gebt diesen Menschen, die gern mal von unserer westlichen Konsumgesellschaft vergessen werden, aber auf deren Schicksal unser Teil der Welt einen extrem großen Einfluß hat, Stimme und Gesicht !
    Ich bin davon überzeugt, daß Ihr wunderbare Begegnungen mit Menschen haben werdet, die uns grad im Bezug auf die Achtung und den Umgang mit der Natur oft so viel voraus haben. Ich wünsche Euch ganz viel Erfolg, aber auch bei allem Ernst viel Spaß, Freude und unvergessliche Momente.
    Mein winzig kleiner Beitrag zu Eurem Projekt: hab heut Euer E-Buch zur Bildbearbeitung gekauft
    liebe Grüße, Ralf

  5. Respekt vor Eurem Vorhaben. Vielleicht können Eure Bilder ein Stück dazu beitragen dass das Mitgefühl für unsere Mitmenschen wieder zurückkommt.

  6. Sehr mutiges und wirklich beeindruckendes Unterfangen, das ihr da plant. Respekt! Bin sehr gespannt auf die Reportage und eure Fotos!

  7. Es ist ein grandioses Projekt!
    Ich wünsche euch eine gute Reise und dass eure Planungen aufgehen. Ich freue mich sehr darüber, dass ihr die Geschichten der Völker erzählt, die in den Nachrichten nicht zu sehen und hören sind.
    Jeder weiß, dass die wilden Verwandten der Eisbären Knut und Flocke um ihr Überleben kämpfen, aber fast niemand macht sich Gedanken darüber, dass in der Arktis auch Menschen leben, deren Lebensbedingungen sich durch den Klimawandel radikal geändert haben.
    Als Märchenerzählerin erzähle ich Märchen der Völker, die hier nur wenige kennen, um sie uns nahe und ins Gespräch zu bringen.

    Herzliche Grüße
    Bettina

  8. Manchmal fügen sich die kleinen Mosaikteile des Lebens zu einem Gesamtbild, welches man erst einmal wahrnehmen muss. Aus der Außenperspektive fühlt es sich an als hättet ihr mit diesem Projekt eurer Mosaikbild gefunden. Ich finde, das hört sich nach einem unglaublich tollen Projekt an, für das ich euch unbekannterweise alles Gute wünsche!

  9. Hallo,

    ich wollte mal meine Bewunderung für Euer Vorhaben ausdrücken.
    Alles aufzugeben und ein neues Leben anzufangen ist ein großer Schritt und wird viel Energie benötigen.
    Aber ich finde es auch wichtig zu zeigen welche Auswirkungen unser gutes Leben auf andere Menschen hat. Es ist schlimm zu sehen wie gefühllos wir geworden sind, in unserer Blase des Luxus. Vielleicht bringen uns Eure Bilder ein wenig das Mitgefühl wieder, das eigentlich den Menschen ausmacht.

    Na dann alles Gute für Euer Projekt
    und Grüße aus München

    Klaus

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