Was ist es, das von einer Reise bleibt? Was bleibt, wenn die Koffer ausgepackt sind und die Schuhe wieder im Regal stehen? Wenn der Sand aus den Taschen geklopft ist und das Salz des Meeres aus der Kleidung gewaschen? Wenn unsere Festplatte zum Zerbersten voll mit Fotos ist und unsere Speicherkarten wieder leer? Dann bleibt neben diesen Fotos… was eigentlich? Vielleicht ein Souvenir. Vielleicht ein neues Lieblingsgewürz. Und doch ist da noch etwas anderes. Nichts konkretes – eher ein Gefühl. Eine Erinnerung, die nicht auf der Speicherkarte liegt, sondern irgendwo zwischen Herz und Verstand.

Mehr als Orte – Was eine Reise wirklich ist

Reisen bringen uns an einen anderen Ort. Nicht nur unseren Körper, auch unseren Geist. Und so beginnt eine Reise mit fremd klingenden Städtenamen und hübschen Fotos in der Werbung, die Lust auf das Ziel machen, sie endet aber nie damit.

Eine Reise ist das Verlassen des Vertrauten, des Bekannten. Sie ist ein Aufbruch in etwas Neues – ganz egal, ob sie uns in einen anderen Ort unseres Heimatlandes oder auf die andere Seite der Welt führt. Sie ist ein Ausbruch aus dem Alltag, aus den Routinen, aus den bekannten Wegen und den täglich wiederholten Gepflogenheiten. 

Eine Reise ist ein Zustand von Offenheit. Auf Reisen arbeiten wir endlich wieder unsere Tage nicht mehr nur ab – wir lassen uns neu ein. Finden wieder neue Wege, müssen uns neu orientieren, uns zurechtfinden und so Vieles neu lernen – sei es nur der neue Weg zum Supermarkt. Unsere Gedanken werden wieder weiter, die Sinne wacher.

In der Begegnung mit neuen Orten erwachen wir so auch innerlich. Werden wieder neu gefordert – vielleicht mit einer neuen Sprache, einer anderen Kultur, vielleicht weil wir Kajakfahren, Reiten oder Feuermachen lernen, vielleicht nur durch andere Gewohnheiten. Auch unsere eigenen Gewohnheiten und unsere Normen und Selbstverständlichkeiten werden auf Reisen jeden Tag aufs Neue hinterfragt. Ach, hier macht man das so? Ach, das muss gar nicht so sein, wie wir es immer machen? Oh, so geht das auch? Das ist ja toll! Oder auch: Nee, das mag ich gar nicht.

Auf Reisen bewegt sich nicht nur unser Körper, sondern auch unser Geist gerät ins Wandern. Fragen tauchen auf, die im Alltag leise bleiben. Begegnungen verwundern uns. Manche Orte lösen ein Wohlgefühl in uns aus. Nicht nur, weil wir gerade nicht arbeiten müssen, sondern weit darüber hinaus. Reisen zeigt uns, wie viele verschiedene Arten es gibt, zu leben, zu denken, zu empfinden. Und manchmal ist es genau diese Konfrontation mit dem Fremden, die uns hilft, das Eigene besser zu verstehen – oder überhaupt erst zu hinterfragen. Wir reisen, um die Welt neu zu entdecken. Aber setzen sie dabei auch in unserem Inneren neu zusammen.

Reisen hat die Kraft, die Welt kleiner zu machen und gleichzeitig größer. Kleiner, weil wir merken, wie viel uns verbindet. Größer, weil wir sehen, wie viel wir noch nicht wissen.

Wir reisen, um die Welt zu sehen – aber es ist auch die Welt in uns, die sich dabei verändert.

Zwei Arten von Bildern

Reisen zeigt uns die Welt. Die Welt da draußen, aber auch die Welt in uns selbst.

Und so entstehen manche Bilder vor allem dann, wenn wir die Kamera kurz sinken lassen. Wenn wir nicht nach Motiven suchen, sondern den Ort und seine Besonderheiten in uns aufsaugen. Wenn wir uns Zeit nehmen. Beobachten. Und einfach da sind.

Besonders wir Fotografen nehmen viele Bilder von einer Reise mit nach Hause. Es sind Hunderte, Tausende. Bilder, die bleiben, die die Geschichte unserer Reise erzählen, andere Menschen mitnehmen an unser Reiseziel und auch uns selbst in vielen Jahren noch wieder sofort mit dahin zurücknehmen.

Aber wir nehmen von einer Reise noch andere Bilder mit nach Hause: Die, für die wir nicht den Auslöser drücken müssen. Die, die sich in uns selbst einprägen. Keine Pixel, keine Farben – nur ein Gefühl. Bilder, die nicht von uns eingefangen werden, sondern in uns wachsen.

Wenn sich der Blick verändert

Kommst du auch von jeder Reise ein klein wenig verändert nach Hause? Hast du sie auch, die neuen Gedanken, vielleicht den entspannteren Umgang mit Zeit oder die größere Wertschätzung für heimische Annehmlichkeiten?

Die Kamera hilft uns, zu sehen. Das Reisen hilft uns, zu verstehen.

Oft merken wir erst zu Hause, wie viel wir unterwegs wirklich gesehen haben – und wie sehr uns das Erlebte verändert hat. Plötzlich fällt dir auf, wie laut es bei uns ist. Oder wie leer. Du denkst an das improvisierte Straßenfrühstück in Asien, an die Geduld der Menschen in Südamerika, an die endlose Natur im Norden, an das warme Lächeln eines Fremden, das du nicht vergessen kannst.

Reisen hinterlässt Spuren – nicht nur physisch, sondern auch in unserem Blick auf die Welt. Manchmal wird man geduldiger, weil man gesehen hat, dass es auch ohne Eile geht. Manchmal wird man demütiger, weil man erfahren hat, wie wenig anderen Menschen brauchen, um glücklicher zu sein als wir selbst. Und manchmal wächst einfach nur die Dankbarkeit für einen heißen Kaffee und ein vertrautes Bett.

Reisen sind Lektionen in Wahrnehmung. Sie zeigen uns nicht nur, was anderswo ist – sondern auch, was bei uns selbst noch unentdeckt war.

Was bleibt von einer Reise?

Das neue Bild der Welt

Was bleibt also von einer Reise, wenn sie vorbei ist? Wenn die Koffer wieder im Keller stehen, die Fotos auf der Festplatte liegen und der Alltag langsam zurückkehrt?

Es sind nicht nur die neuen Fotos in unserer Sammlung. Es ist der Moment, in dem uns ein Duft oder ein Windhauch an einen fernen Ort erinnert. Es ist die Gelassenheit, die wir mitgenommen haben, ohne sie bewusst einzupacken. Vielleicht die neuen Freunde in unserem Adressbuch.

Es bleibt das Gespräch mit einem Fremden, das uns mehr berührt hat als viele lange Bücher. Die Erkenntnis, dass wir mit weniger auskommen – oder dass wir mehr wollen, aber etwas ganz anderes als zuvor.

Reisen verändert nicht nur unseren Standort, es verändert uns selbst. Vieles, was auf einer Reise geschieht, vergessen wir. Aber manches bleibt. Als Ahnung. Als Gefühl. Als neues Bild der Welt, das uns leiser, aufmerksamer, dankbarer, vielleicht mutiger gemacht hat.

Vielleicht ist das wertvollste Bild einer Reise das, das wir nie gemacht haben – aber das in uns weiterlebt. Vielleicht lohnt es sich, ab und zu innezuhalten. Nicht nur, um zurückzuschauen – sondern um zu spüren, welches Bild gerade in uns entsteht. Wie unser neues Bild der Welt aussieht.

Was bleibt vom Reisen?
Autor

Ich bin Sina, Mitbegründerin von Lichter der Welt, Fotografin und leidenschaftliche Weltenbummlerin. Ich liebe Natur, Freiheit, die Sonne auf meinem Gesicht und den Wind in meinen Haaren. Schon als Kind saß ich fasziniert vor dem Globus und malte mir aus, die Weite dieser Welt zu entdecken. Heute lebe ich diesen Traum und sammle Tipps, Inspirationen und Erfahrungen für dich!

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