Reisen mit Interrail waren für viele Jahre in Vergessenheit geraten, sind heute aber wieder sehr populär geworden. Und dies durchaus zurecht, denn mit dem Zug unterwegs zu sein, ist eine der wohl angenehmsten Arten zu reisen. Schon seit etwa 150 Jahren kann man mit Zügen ganz Europa erkunden. Unsere Gastautorinnen Laura und Nicole erklären dir in diesem Artikel am Beispiel ihrer eigenen Reise, wie du mit einem Interrail-Ticket bequem ganz Europa entdecken kannst.
In diesem Beitrag
Was ist Interrail?
Der Interrail-Pass ist ein Ticket, mit dem du über einen bestimmten Zeitraum zum Pauschalpreis (fast) alle Züge in 33 europäischen Ländern benutzen kannst. Welche Länder und Eisenbahngesellschaften Interrail umfasst, findest du auf der Auflistung der offiziellen Interrail-Seite. Nicht dabei sind aktuell Albanien, Kosovo, Moldawien, Ukraine, Weißrussland und Russland.
Den Interrail-Pass gibt es als Global-Pass, der in allen 33 Ländern gültig ist, oder als Ein-Länder-Pass (One Country Pass), der in nur einem Land oder einer Ländergruppe (z. B. den BeNeLux-Staaten) Gültigkeit besitzt. Interrail-Pässe sind generell nicht im Wohnsitzland gültig – wohnst du in Deutschland, kannst du dir also keinen Ein-Länder-Pass für Deutschland kaufen. Der Global-Pass ist dann ebenfalls nicht in Deutschland gültig, mit Ausnahme einer Hin- und Rückfahrt.
Den Interrail-Pass kann jeder benutzen, der Staatsbürger eines europäischen Landes ist oder seinen Hauptwohnsitz in einem Land in Europa hat. Wer kein europäischer Staatsbürger ist und auch nicht dauerhaft in Europa wohnt ist, kann stattdessen mit einem Eurail-Pass reisen, der die gleiche Funktionsweise hat wie ein Interrailpass.
Dein Interrail-Pass ist ab dem Startdatum, das du frei wählen kannst, einen gewissen Zeitraum lang gültig. So kannst du zum Beispiel die günstigste Option „4 Tage innerhalb von 1 Monat” des Global-Pass wählen, mit der du an vier beliebigen Tagen innerhalb eines Monats in so vielen Zügen unterwegs sein kannst, wie du möchtest. Aktuell (2021) kostet dieser Pass 185 € für 12- bis 27-jährige bzw. 246 € für alle ab 28. Die Preise der Ein-Länder-Pässe variieren je nach Landesgröße und liegen zumeist deutlich darunter. Wenn du länger reisen möchtest, kannst du beispielsweise auch „15 Tage innerhalb von 2 Monaten” wählen oder sogar „3 Monate”, wo du in 3 Monaten jeden Tag so viel Zug fahren kannst wie du möchtest – sozusagen eine Bahncard100 für ganz Europa! Du merkst, es ist für jede Reise und jedes Budget der geeignete Interrail-Pass vorhanden.
Die Übersicht über alle Pässe und Preise von Interrail findest du auf https://www.interrail.eu/de.
Deinen Pass kannst du entweder direkt über die Homepage bestellen oder an einem Ticketschalter persönlich kaufen. Falls du gerade 18 geworden bist, würde es sich außerdem lohnen, dir die DiscoverEU-Initative der Europäischen Union anzusehen, die dir die Möglichkeit gibt, einen Interrailpass zu gewinnen.
Wenn du klassisch den gedruckten Interrail-Pass auf Papier wählst, trägst du an jedem selbst gewählten Reisetag deine gewählten Züge und Verbindungen ein. Dies musst du spätestens dann machen, wenn du in einen Zug einsteigst. Damit bist du sehr flexibel und kannst beinahe jeden Zug nehmen. Beachte allerdings, dass in einigen Ländern wie z. B. Italien Sitzplatzreservierungen verpflichtend sind. Diese musst du dann im Vorhinein buchen.
Seit Neuestem gibt es den Interrail-Pass auch als digitales Ticket, den sogenannten „Mobile-Pass”. Diesen kannst du direkt in die Interrail-App auf deinem Smartphone laden und so auf ein Papier-Ticket verzichten. Damit hast du dein Ticket immer dabei und bist somit noch flexibler als mit dem herkömmlichen Interrail-Pass!
Laura hat für unsere Interrail-Reise den Global-Pass „5 Tage innerhalb von 15 Tagen” benutzt. Nicole hat ihre Reise im Vorfeld ein wenig verlängert und war mit dem Global-Pass „10 Tage innerhalb von einem Monat” unterwegs. Für unsere Reise haben wir jedoch auch auf einzelnen Strecken andere, separate gekaufte Tickets genutzt.
Vorbereitung und Planung einer Interrail-Reise
Interrail erlaubt es dir, deine Reisepläne flexibel und spontan zu gestalten und auch noch unterwegs zu ändern. Du kannst dich an jedem Bahnhof neu entscheiden, ob du im Zug sitzen bleiben, aussteigen oder umsteigen möchtest. Trotz dieser Flexibilität schadet es nicht, dir vorher einen groben Plan zu machen, wohin deine Interrail-Reise führen soll, damit du dich dementsprechend vorbereiten kannst.
Ein paar einführende Worte vorneweg: Jugendherbergen, selbstgepackter Proviant, Übernachtungen in Nachtzügen – dies ist das Bild, das viele von Interrailreisen haben. Wir wollen unbedingt darauf hinweisen, dass Interrail-Reisen zwar so aussehen können – und so vor allem jungen Menschen eine tolle, günstige Art bieten, Europa zu entdecken – aber nicht so aussehen müssen. Je nach Ansprüchen und Budget kann man eine Interrailreise flexibel komfortabel gestalten. Auch mit Interrail kannst du in schicken Hotels übernachten und in feinen Restaurants essen. Für den extra Komfort beim Reisen gibt es außerdem die Möglichkeit, sich einen Interrailpass für die 1. Klasse zu kaufen.
Auswahl des Reiseziels und Routenplanung mit dem Interrailpass
Wohin soll dich deine Interrail-Reise führen? Auch wenn du theoretisch an deinem Heimatbahnhof in jeden Zug einsteigen kannst, ist es hilfreich, dein Reiseziel bzw. deine Route vorher zumindest grob zu planen.
Für uns stand fest, dass unsere Interrailreise uns nach Osteuropa führen soll. Insbesondere von Montenegro hatten wir beide vorher inspirierende Fotos gesehen, sodass uns klar war, dass wir unbedingt dorthin wollten. Mit Montenegro als Hauptziel haben wir sodann unsere Route geplant.
Mit Interrail erkundest du Europa – und auch unterschiedliche Kulturen und Infrastrukturen. Während eine ICE-Zugfahrt von München ins 800 km entfernte Kiel gute 7 Stunden dauert, bist du mehr als einen Tag unterwegs, wenn du die Zugfahrt zwischen Budapest und dem 800 km entfernten Podgorica in Montenegro auf dich nimmst. Die Bahninfrastruktur zwischen den europäischen Ländern variiert sehr und dessen solltest du dir bei der Reiseplanung mit Interrail zwingend bewusst sein. Es ist wichtig, dass du deine Routen vorher zumindest grob planst und die Reisezeiten beachtest. Dadurch kannst du sicherstellen, dass deine geplante Reise machbar ist und kannst einschätzen, ob deine verfügbaren Reisetage ausreichen. Solltest du einen Zwischenstopp einlegen müssen, ist es gerade in Osteuropa sinnvoll, auch alternative Verkehrsmittel zu nutzen. Zwischen vielen Orten in Osteuropa ist beispielsweise das Fernbusnetz gut ausgebaut und sehr günstig.
Wie bei jedem Urlaub solltest du dir auch beim Reisen mit Interrail vorher überlegen, wie deine Reise aussehen sollte. Möchtest du so viele europäische Hauptstädte erkunden, wie du nur kannst? Willst du die architektonischen Stile verschiedener Länder auf dich wirken lassen und fotografisch festhalten? Dann ist Interrail genau das richtige für dich, denn insbesondere größere Städte sind mit dem Zug leicht erreichbar.
Wenn du wie wir auch abschalten und dem Stadtleben für ein paar Tage entkommen willst, erfordert die Reise unter Umständen mehr Planung. Hier hilft eine Kombination aus Reiseführern und Fahrplänen. Welche Sehenswürdigkeiten und Perlen der Natur sind mit der Eisenbahn und somit an das Interrail-Netz angebunden? Wo ist vielleicht nur eine kurze Busfahrt notwendig, um totale Ruhe genießen zu können?
Auf diese Weise haben wir zum Beispiel Bled in Slowenien für uns entdeckt. Wir haben einen Zwischenhalt gesucht, an dem wir noch ein wenig Natur genießen konnten, bevor es auf dem Heimweg ging. Auch wenn der Ort touristisch gut erschlossen ist, hatten wir dennoch traumhafte Momente und phänomenale Aussichten auf eine wunderschöne Landschaft, die wir nicht erlebt hätten, wenn wir bloß in eine Stadt gefahren wären, deren Namen wir bereits kannten.
Für uns persönlich hat die Mischung aus Städten und Landschaft unsere Interrail-Reise so besonders gemacht. Es war die perfekte Kombination, um jedem Land ein wenig näher zu kommen und die Unterschiede in den Kulturen zu entdecken.
Fahrpläne und Reiseauskunft beim Reisen mit Interrail
Bevor du zu deiner Reise aufbrichst, solltest du dir darüber Gedanken machen, wie du die richtigen Zugverbindungen aussuchen wirst. Wenn du dich nicht darauf verlassen möchtest, die lokalen Fahrpläne mit ggf. kyrillischen Buchstaben lesen zu müssen, solltest du auf Apps zurückgreifen. Dazu gibt es wie bereits erwähnt die offizielle Interrail-App, in der du die Fahrpläne aller teilnehmenden Länder finden kannst.
In der Interrail-App kannst du nach Verbindungen suchen und zum Beispiel danach filtern, ob reservierungspflichtige Züge angezeigt werden sollen oder nicht. Es ist somit sehr leicht möglich, nicht reservierungspflichtige Alternativverbindungen zu finden – das kann vor allem in Ländern wie Frankreich eine große Ersparnis bringen. Sind Reservierungen nötig, kannst du diese oft direkt in der App vornehmen. Das tolle an dieser App ist weiterhin, dass die Fahrplanauskunft auch ohne Internet funktioniert! Verspätungen oder aktuelle Änderungen kannst du dir offline allerdings nicht anzeigen lassen.
Eine echte Alternative zur Interrail-App ist der DB Navigator, der dir nicht nur in Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland, sondern auch in ganz Europa gute Fahrplanauskünfte gibt. Es liefern zwar nicht alle Verkehrsunternehmen ihre Fahrplandaten an den Navigator, aber für die meisten Strecken lässt sich auch hier eine gute Verbindung finden.
Packliste für deine Interrail-Reise
Wenn du mit dem Zug unterwegs bist, ist vor allem eines wichtig: Packe leicht! Nichts ist nerviger, als bei jedem Einsteigen in den Zug Hilfe mit deinem Reisetrolley zu benötigen, um anschließend im vollen Zug den ganzen Durchgang zu blockieren. Ein leicht gepackter Wanderrucksack ist perfekt für eine Interrailreise. Idealerweise solltest du es schaffen, ihn auf die Gepäckablagen über den Sitzen zu heben – oder nicht zu scheu sein, deine Mitreisenden um Hilfe zu bitten.
Beachte beim Packen für deine Reise mit Interrail auch unbedingt die Klimaunterschiede. Während wir Anfang Oktober beim Eisessen das mediterrane Klima in Kotor genossen, waren wir zwei Tage später am Gletschersee in Bled doch sehr froh um unsere Pullover. Gerade in einem Reisezeitraum wie unserem – September, Oktober – kann sich das Wetter zwischen den Ländern und innerhalb von zwei Wochen sehr unterscheiden und schnell ändern.
So wichtig es auch ist, auf deiner Interrailreise unnötigen Ballast in deinem Rucksack zu verzichten, gibt es aber doch auch einige Dinge, die unbedingt mit sollten. Du wirst während deiner Reise sehr viel Zeit in Zügen verbringen und die wenigsten davon werden funktionierendes WLAN oder sonstiges Entertainmentprogramm haben. Mache dir also unbedingt vorher Gedanken darüber, wie du dich im Zug beschäftigen möchtest. Lade Audiobooks auf dein Handy und nimm Kopfhörer mit oder kauf dir neue Bücher für dein Kindle (hier sind Sinas und Jans Tipps für tolle Fotografiebücher!). Unsere persönliche Empfehlung: Stricken und Häkeln eignen sich ideal als Beschäftigung im Zug (und man erntet so manchen wohlwollenden Blick von Mitreisenden). Die/den beste/n Freund/in solltest du sowieso mitnehmen!
Denke beim Reisen mit dem Interrail auch daran, immer genug Reiseproviant und ggf. dafür nötiges Besteck dabei zu haben. Auf Bordbistros möchtest du nicht angewiesen sein, denn in vielen Zügen gibt es trotz der langen Fahrzeit keines. Wenn du umweltfreundlich reisen und auf unnötige Verpackungen verzichten möchtest, lohnt es sich auch, eine Brotdose und eine Trinkflasche einzupacken (empfehlen können wir zum Beispiel die Trinkflaschen von Sigg und die Edelstahlbrotdosen von Sattvii). Informiere dich vorher, ob das Leitungswasser in dem jeweiligen Land genießbar ist. Falls nicht, kannst du in Osteuropa in fast jedem Supermarkt praktische 5-Liter-Kanister Wasser kaufen, die du in deine Flasche umfüllen und so immerhin ein wenig Plastik sparen kannst.
Und zu guter Letzt: Vergiss in Zeiten von Corona nicht, deine Maske auf deine Interrailreise mitzunehmen. Nicht nur in Deutschland herrscht aktuell Maskenpflicht und im Zweifel ist es sinnvoll, eine Maske dabei zu haben, um dich und andere zu schützen.
Übernachtungen und Zugreservierungen beim Reisen mit Interrail
Je nach deinen Ansprüchen, Reisezeitraum und Reisezielen solltest du dich schon vor Antritt deiner Interrailreise darum kümmern, Züge zu reservieren und Übernachtungsmöglichkeiten zu buchen. In der Hauptsaison sind oft viele Unterkünfte und reservierungspflichtige Züge ausgebucht. Wir empfehlen dir dennoch, deine Reservierungen auf das nötigste zu beschränken. So kannst du die Freiheit, die Interrail dir bietet, voll und ganz genießen!
Wenn du deine Übernachtungen und deine Zugfahrten zusammenlegen möchtest, bietet es sich an, Nachtzüge zu wählen. Das Angebot an Nachtzügen in Europa ist solide und wird aktuell in vielen Ländern weiter ausgebaut. Beachte jedoch, dass sehr viele Nachtzüge reservierungspflichtig sind. Und insbesondere, wenn du in einem Schlafwagen fahren möchtest, ist das Reservierungsentgelt dem Service entsprechend hoch. In deinem Interrail-Pass musst du übrigens nur den Tag der Abfahrt notieren, sodass du nur einen Reisetag dafür nutzt. Steigst du am Morgen nach dem Nachtzug jedoch noch in einen weiteren Zug, brichst du damit einen weiteren Reisetag an.
Wir sind Ende September nach Osteuropa losgefahren und haben hauptsächlich in Jugendherbergen und Ferienwohnungen übernachtet. Dieser Reisezeitraum in der Nebensaison hat es uns erlaubt, Übernachtungsmöglichkeiten lediglich 1-2 Tage vorher zu suchen und sehr spontan unsere Zimmer zu buchen.
Wir mussten keine reservierungspflichtigen Züge nutzen und fanden auch immer einen angemessenen Sitzplatz. Unsere einzige Fahrt mit dem Nachtzug (von Split nach Zagreb) erforderte keine Reservierung, allerdings schliefen wir auch auf den Sitzen in einem normalen Abteil.
Geplant und gepackt – Los geht’s!
Wenn du deine Interrailreise (zumindest grob) geplant und deine Kameraakkus geladen hast, dann kann es losgehen. Setze dich in deinen ersten Zug und fahre los! Während du vielleicht zunächst auf einer Bahnstrecke startest, die du schon gut kennst, wirst du schon bald sehen, wie die Landschaft sich ändert. Im Gegensatz zu einem Roadtrip können du und deine Reisebegleitung euch voll und ganz auf die Landschaft konzentrieren. Ab der ersten Sekunde kannst du entspannen und das Urlaubsfeeling genießen.
Nun hast du die wichtigsten Grundlagen zu Interrail gelernt und kannst beginnen deine ganz eigene Reise zu planen. Den genauen Verlauf und einen Bericht zu unserer Reise, sowie noch viel mehr Fotos der beeindruckenden Städte und wunderschönen Landschaften, die wir mit Interrail entdeckt haben, zeigen wir dir in diesem Beitrag: Mit Interrail durch Osteuropa. Dort findest du auch weitere Ideen für die Gestaltung deiner Reise und Tipps, die dir speziell in Osteuropa weiterhelfen werden.
Unsere Buchempfehlungen zum Reisen mit Interrail
Ratgeber
Marco Polo Interrail Map + Guide: Alles, was du über das Thema Interrail wissen musst. Kombiniert übersichtlich Routenkarte mit Reiseführerinformationen, vielen Tipps und sogar Infos zu Fotospots!
Preiswert durch Europa – Der Interrailreiseführer von Wolfgang Klein: Viele Tipps zum günstigen Reisen mit dem Zug durch Europa, insbesondere für junge Interrailer
Zug statt Flug – 52 klimabewusste Kurztrips in Europa: Welche Ziele lohnen sich für eine Interrailreise? Die Autoren stellen spannende Trips quer durch den Kontinent vor, ideal für Menschen, die umweltbewusst reisen wollen
Literatur für unterwegs
Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier: Ein wunderbarer, vielschichtiger Roman über eine Reise auf der Suche nach Geheimnissen
Abgefahren! Im Zug mit Katja Walder: Ein leichtes Buch für unterwegs mit lustigen Anekdoten aus dem Schweizer Zugfahralltag
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