Der Plan steht.

Wir werden für unser großes Fotoprojekt drei Jahre lang um die Welt reisen und den Einfluss des Klimawandels auf das Leben indigener Völker dokumentieren. Dafür reisen wir in alle Klimazonen, in extrem abgelegene Gebiete ohne Infrastruktur. Unterwegs müssen wir arbeiten, benötigen Strom, Internet – und müssen natürlich auch irgendwo übernachten, essen, duschen. Wie werden wir uns also auf unserer Reise fortbewegen, wie werden wir leben und arbeiten?

Wie kommen wir um die Welt?

Die Idee, mit dem Flugzeug zu den verschiedenen indigenen Völkern zu reisen, verwerfen wir schnell. Das Reisen per Flugzeug scheint die naheliegendste Möglichkeit zu sein, wenn man um die Welt kommen möchte. Uns wird aber schnell klar, dass es für uns nur Nachteile hätte:

Flugzeuge bringen uns in Großstädte, aber nicht in die entlegenden Winkel der Welt. Vor Ort benötigen wir immer ein offroadtaugliches Fahrzeug, Schlaf-, Koch- und Arbeitsmöglichkeiten. Die Vorstellung, in entlegenden, infrastrukturarmen Gebieten geeignete Unterkünfte oder gar Hotels vorzufinden, haben wir nicht mehr, seit wir selbst in Europa im nördlichen Teilen Norwegens ab September auf ein Wohnmobil angewiesen waren, weil es keine offenen Unterkünfte mehr gab.

Das Reisen per Flugzeug und gemieteten Fahrzeugen und Unterkünften fiel für uns für dieses Projekt also von vornherein aus. Wir wären zwar sehr schnell, aber auch sehr unflexibel unterwegs. In einigen Gegenden wären wir auf die Sommermonate angewiesen, in andere könnten wir gar nicht reisen. Selbst in Nordnorwegen reisen viele Autos mit Zusatz-Spritkanistern auf dem Dach herum, weil es in hunderten Kilometern Umkreis keine Tankstellen gibt. Auf unser Route stehen menschenleere Ziele wie Nordkanada, Sibirien, Mongolei… wir können uns vorstellen, wie verzweifelt wir da schnell mit der Auswahl an geeigneten Mietfahrzeugen wären – von Unterkünften gar nicht zu reden. Außerdem ist das Reisen per Flugzeug die klimaschädlichste Variante – noch ein Grund, bei diesem Projekt möglichst darauf zu verzichten.

Wir brauchen ein Expeditionsmobil

Je mehr wir über die Möglichkeiten nachdenken, desto klarer wird, dass es eigentlich nur eine gibt: Wir werden mit einem eigenen Fahrzeug um die Welt reisen. Ein Fahrzeug, das zuverlässig und robust ist – und geländetauglich, sodass wir im arktischen Eis, in Sand und Matsch, in Schotter und Gras vorankommen. Aber auch ein Fahrzeug, was uns gleichzeitig eine Wohnung ist. Ein Dach über dem Kopf, ein Bett, eine Kochstelle, ein Arbeitsplatz. Ein Fahrzeug mit Strom und Wasser.

Wir brauchen ein Expeditionsmobil.

Wir brauchen Autarkie. Unabhängigkeit von der Infrastruktur um uns herum, möglichst sogar für einige Wochen. Wir brauchen ausreichend große Tanks – für Diesel, aber auch für Wasser. Wir brauchen die Möglichkeit, Strom selbst zu produzieren. Nicht für Netflix, aber um unsere Arbeitsgeräte überhaupt laden zu können. Wenn wir wochenlang fernab der Zivilisation sind, brauchen wir auch ausreichend Platz für Vorräte und Kleidung, wir brauchen Toilette und Dusche. Wir brauchen Widerstandskraft und Isolation für Temperaturen in der Arktis und am Äquator – beides zu jeder Jahreszeit.

Ja. Wir brauchen ein Expeditionsmobil.

Wir brauchen ein großes, starkes, autarkes, wohnliches Fahrzeug.

Mit einem geeigneten Fahrzeug um die Welt reisen – je mehr wir über diese Option nachdenken, desto klarer wird es, dass sie für unser Projekt eigentlich die einzige ist (Foto: Lucas Favre/Unsplash)

Die Route um die Welt

Unsere Route um die Welt ist etwa 65.000 km lang. 65.000 km von den nördlichsten in die südlichsten Regionen. 65.000 km durch Wüsten und Gebirge, Steppen und Dschungel, auf riesigen Highways zwischen Großstädten und engen Pisten ins Nirgendwo.

65.000 km zu den Nenzen in Sibirien und den Inuit in Alaska. 65.000 km zu den Dayak in Asien und den Quechua in Peru. 65.000 km zu indigenen Völkern, die naturnah in kleinen Gemeinschaften überall auf der Welt leben. Und denen eins gemeinsam ist: Ihr Aufschrei, endlich von uns – der Welt, die über sie entscheidet – gesehen und gehört zu werden.

Was für ein Fahrzeug brauchen wir für dieses riesige Unterfangen?
Was für ein Fahrzeug brauchen wir, das uns zuverlässig über die Anden und sicher durch das Ewige Eis bringt, das ein Mechaniker in Timbuktu reparieren kann und das mit minderwertigem Kraftstoff aus wenig entwickelten Ländern zurechtkommt – davon aber gleich mehrere hundert Liter transportieren kann? Was für ein Fahrzeug brauchen wir, das genug Strom produzieren kann, auch im Winter, und in dem wir auch mal wochenlang sitzen und unsere Fotos bearbeiten können?

Auf Messen sehen wir Aufsetzkabinen für Pickups und riesige schicke Expeditionstrucks für eine halbe Million Euro. Wir sehen hochgeländegängige Unimogs mit Wohnkabine und Expeditionsfahrzeuge mit weißem Langflorteppich und Glasvitrine. Wir sehen hochautarke 18-Tonner, die AdBlue benötigen und außerhalb Europas gar nicht fahren können. Wir sehen, dass wir sehr viel recherchieren, sehr viele Eindrücke und Erfahrungen sammeln und sehr sehr viel lernen müssen.

Und uns wird klar, dass wir unser Expeditionsmobil am Ende selbst bauen werden. So, wie es für uns und unser Projekt genau richtig ist.

Ein Dorf der indigenen Emberá im panamaischen Regenwald. Die Anreise von der Stadt dauert mit dem Auto Stunden, danach geht es dann nur mit einem Einbaum über den Fluss weiter. Ein Dach über dem Kopf haben wir, wenn wir hier fotografieren. Für Strom sind wir aber schon wieder auf äußere Infrastruktur angewiesen und müssten in die Stadt fahren.

Der Plan

Wir wissen nichts über Fahrzeuge.

Wir waren nie Hobbyschrauber, haben nie Oldtimer restauriert, haben uns nie für LKW, Offroadfahren, für Motoren oder Fahrzeugbau interessiert. Wir sind Menschen, die für Reifenwechsel in die Werkstatt fahren und jemand anderes den Schlüssel in die Hand drücken, wenn was an unseren Fahrzeugen zu machen ist.

Und doch: Unsere Motivation ist unendlich. Dieses Projekt, unsere große Idee, umzusetzen, erscheint uns so wichtig, so richtig, dass „können wir nicht“ für uns keine Option ist.

Wir waren keine Fotografen – bis wir es unbedingt wollten, und dann doch waren. Wir waren keine Autoren. Wir waren keine Blogger. Wir waren keine Fotoreiseveranstalter. Wir waren keine Autobauer.

Niemand von uns war irgendwas, bevor er es wurde. Niemand von uns wusste Bescheid über sein Gebiet, bis er es gelernt hat.

Wir haben keine Ahnung von Fahrzeugen. Aber wir haben Motivation und Wissensdrang. Ein gutes Allgemeinwissen, die unendlichen Recherchemöglichkeiten unserer Zeit, ein paar Kontakte und liebe helfende Hände.

Wir werden ein Expeditionsmobil bauen. Und es wird für unser Projekt das beste sein, das es geben kann.

Nächste Woche zeigen wir dir im nächsten Artikel, welche Überlegungen wir zur Auswahl des richtigen Basisfahrzeugs hatten und welches Fahrzeug wir am Ende für unser Projekt gekauft haben!

Hinweis: Die Planung des Projektes und der Fahrzeugbau selbst liefen über mehrere Jahre. Wir schreiben diese Blogartikel im Nachhinein. Mittlerweile stehen wir kurz vor Beginn des Projekts.

Autor

Ich bin Sina, Mitbegründerin von Lichter der Welt, Fotografin und leidenschaftliche Weltenbummlerin. Ich liebe Natur, Freiheit, die Sonne auf meinem Gesicht und den Wind in meinen Haaren. Schon als Kind saß ich fasziniert vor dem Globus und malte mir aus, die Weite dieser Welt zu entdecken. Heute lebe ich diesen Traum und sammle Tipps, Inspirationen und Erfahrungen für dich!

4 Kommentare

  1. Hallo Sina,
    wenn Du von mehreren Jahren Vorbereitung schreibst … habt Ihr hoffentlich in der Zeit auch die Augen offen gehalten, welche Begrenzungen an welchen Stellen bestehen für bestimmte Fahrzeuggrößen. Hab ich damals beim Wechsel vom VW-Bus zum Iveco auch gemacht => Fazit für mich war damals: Höhe max. 3 m, Breite nicht über 2,20.
    Vlt. habt Ihr ja jetzt auch die Chance, daß die Preise wieder nachgeben https://7globetrotters.de/expeditionsmobil-kaufen – hoffentlich geh’n Euch im Zeitalter der “Zeitenwende” nicht die Ziele aus wegen Nichterreichbarkeit …

    • Hey Bernhard,

      danke für deinen Kommentar!
      Wie am Ende steht, haben wir das Fahrzeug bereits gekauft und verraten nächste Woche, welches es geworden ist – und vor allem warum 🙂 Und oh ja, wir mussten auf seeehr Vieles achten für dieses Vorhaben, aber die Größenbeschränkungen in Europa waren da nicht unser Hauptproblem 😅

      Die Ziele stehen durch das Projekt ziemlich fest, aber da sind wir zuversichtlich. Den Ablauf halten wir flexibel 😊

      • Hallo Sina,
        Ihr sollt Eure Leser nicht so auf die Folter spannen … 😉

        Sorry, hab das mit dem gekauften Fahrzeug überlesen und mich an dem kursiven Schlußsatz “Mittlerweile stehen wir kurz vor Beginn des Projekts.” orientiert.

        Und ich meinte nicht die Größenbeschränkungen (Schilder?) in Europa, sondern das, was ich an Gebirgspisten oder auch Schluchten – teilweise in Europa, aber auch anderswo gesehen habe und gefahren bin.
        Und ich lese immer wieder Berichte, daß z. B. im südlichen Afrika z. B. in den Nationalparks die Pisten einfach auf Geländewagen-Spurbreite ausgelegt sind und breitere Fahrzeuge dann eben “mit Schlagseite” da langkrebsen müssen …

        Viel Erfolg mit dem Projekt trotzdem!

        • Hey Bernhard,

          gar kein Problem 🙂 Ja, auf jeden Fall sind die Abmessungen ein Punkt. Aber auch andersherum: Für uns ist eine bequeme Stehhöhe sehr wichtig (und Jan ist ziemlich groß) und durch die Bodenfreiheit eines Allrad-Fahrzeuges kann man erst recht hoch überhaupt mit dem Bau anfangen. Dann brauchte das Dach eine gewisse Fläche für die Solaranlage…
          Was wir festgestellt haben: Man kann mit keinem Fahrzeug überall hinfahren. Die Kleineren sind nicht autark genug, sehr viele sind nicht winterfest genug, die Großen kommen nicht überall durch und auch die ganz Geländegängigen bleiben irgendwann stecken. Am Ende ist unseres Erachtens nur eine Frage wichtig: Was will MAN SELBST mit dem Fahrzeug machen, wo will man genau hin und was braucht man dafür? Nur danach sollte man planen, bauen oder kaufen. Alles andere ist entweder Trend oder für jemanden anderen (zu recht) wichtig, aber für sich selbst nicht. Was soll ich mit hunderten Liter Wasser, wenn ich auf Campingplätzen stehe? Aber anders: Wie soll ich ohne hunderte Liter Wasser auskommen, wenn ich in der Mongolei wochenlang keine Versorgungsstation sehen werde? Was soll ich mit einem 18t-Autarkiemonster in Spanien oder Italien, wenn ich in Städte fahren will? Aber wenn ich monatelang autark in Patagonien stehen will, ist der super.

          Dass wir nicht überall hinkommen werden, ist für uns völlig in Ordnung. Unabdingbar ist, dass wir an die Orte kommen, an die wir für unser Projekt müssen und wollen. Ob das mit unserem Fahrzeug am Ende klappt – das können wir dir nach dem Projekt sagen 😉
          Danke für die guten Wünsche!

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