65.000 km werden wir um die Welt fahren. 65.000 km zu indigenen Völkern in teilweise sehr entlegende Gebieten und in alle Klimazonen. Wir brauchen ein zuverlässiges, autarkes Fahrzeug, welches für uns nicht nur Transport, sondern auch Wohnung und Arbeitsplatz ist und uns drei Jahre lang sicher in alle Winkel dieser Welt bringt. Das Thema „Expeditionsmobil kaufen“ ist ein riesiges. Und wir stehen ganz am Anfang.
In diesem Beitrag
Expeditionsmobil kaufen oder selbst ausbauen?
Die Frage „Sollen wir ein fertiges Expeditionsmobil kaufen oder ein Fahrzeug selbst ausbauen?“ treibt uns über Monate um. Wie schon in unserem letzten Artikel geschrieben, haben wir keine Ahnung von Fahrzeugen und Motoren, waren nie besonders fahrzeug- oder technikbegeistert. Wenn, dann galt unser Interesse eher Sportwagen, aber nicht offroadtauglichen LKW oder Oldtimern. Kurz: Unser Wissensstand zur Thematik Expeditionsmobil ist Null.
Aber wir wissen: Wir brauchen eins! (Warum wir uns dafür entschieden haben, für unser Projekt mit einem Expeditionsmobil zu reisen und nicht mit dem Flugzeug, kannst du hier nachlesen.)
Da wir keine Ahnung vom Fahrzeugbau haben, ist unsere erste Intention ganz klar: Wir werden ein fertiges Expeditionsmobil kaufen.
Über eine sehr lange Zeit, tatsächlich über mehrere Jahre, begleitet uns dieses Vorhaben. Wir recherchieren so intensiv wie wohl noch nie zuvor über ein Thema, um herauszufinden: Was brauchen wir überhaupt auf unserer Reise? Und wie setzen wir das in einem Weltreisemobil um?
Die folgenden Punkte sind das Ergebnis sehr langer Recherchen und waren für uns sehr lange nicht so selbstverständlich, wie sie jetzt, am Ende des ganzen Prozesses, für uns sind.
Ansprüche an unser Expeditionsmobil
1. Autarkie
Autarkie ist der mit Abstand wichtigste Punkt auf unserer Liste und der Grund, weswegen wir uns überhaupt dafür entschieden haben, ein Expeditionsmobil zu kaufen (oder zu bauen) und nicht mit Flugzeug, Mietwagen und Mietunterkünften um die Welt zu reisen.
Wir wollen und wir müssen während unseres Projekts für mehrere Wochen unabhängig von der äußeren Infrastruktur sein.
Unabhängig von guten Straßenverhältnissen.
Unabhängig von Hotels, Supermärkten, Tankstellen, Versorgungsstationen.
Definitiv unabhängig von Campingplätzen.
Für unser Projekt werden wir durch Gebiete wie die Mongolei, Nordkanada und Sibirien reisen, die zu den am dünnsten besiedelten unseres Planeten zählen. Wir werden keine Versorgung mit Infrastruktur haben, wie wir sie aus Europa oder von Reisen in normale Reiseregionen kennen. Wir werden tage- und wochenlang keinen anderen Menschen begegnen, keiner Tankstelle und keinem Supermarkt.
Und da wir für unser Projekt unterwegs sind, müssen wir die ganze Zeit die Möglichkeit zum Arbeiten, wenigstens zur Bildsicherung und zum Akkuladen haben. Wir brauchen also unentwegt Strom.
Vier Wochen autark
Nach und nach und in Zusammenhang mit der Routenplanung bildet sich die Notwendigkeit heraus, in dem Expeditionsmobil 3 bis 4 Wochen autark leben zu können – also ohne Versorgung von außen.
Dazu gehört:
- Versorgung mit Frischwasser
- Platz für Vorräte
- Eigene Stromproduktion und Speicherung
- Dieselvorrat
- Heizung
- Gasvorrat zum Kochen
Hierfür benötigen wir:
- Ausreichend Platz
- Ausreichend Zuladung (Gewicht!)
- Passende Geräte (z. B. Solaranlagen und Batterien zum Speichern)
Unsere erste Idee, einen Pickup-Truck mit Aufsetzkabine zu kaufen, müssen wir sehr schnell verwerfen: Platz und Zuladung reichen auf keinen Fall aus, um mehrere Wochen autark zu leben. Mit 3,5 Tonnen kommen wir niemals aus.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Wir werden ein deutlich größeres Expeditionsmobil kaufen oder selbst ausbauen. Wahrscheinlich werden 7,5t schon knapp.
2. Geländegängigkeit
Geländegängig soll unser Expeditionsmobil sein, das war von Anfang an klar. Einen Großteil unserer Reise um die Welt werden wir auf Pisten zurücklegen, die nicht an deutsche Autobahnen erinnern und wir wollen uns sowohl im Schnee als auch im Sand und im Matsch fortbewegen können.
Unser Expeditionsmobil wird also einen Allradantrieb haben, entsprechende Bodenfreiheit und gerne auch Differentialsperren.
Allerdings: Wir werden nicht absichtlich durch schwieriges Gelände fahren, sondern immer nur dann, wenn es wirklich nötig ist. Wir kaufen das Fahrzeug nicht für Offroad-Spaß und zum Dünenfahren in Nordafrika. Sehr oft werden wir auf Schotterpisten unterwegs sein. Echte Geländefahrten kommen vor, aber sind bei Weitem nicht der Hauptteil unserer Route.
Und: Ein Teil der Reise wird uns auch einfach über normale, geteerte Straßen führen. Straßen, die oftmals größere und mehr Schlaglöcher haben als in Mitteleuropa denkbar, aber auf denen man trotzdem nicht stecken bleibt. Und auch über Straßen, etwa nordamerikanische Highways oder Teile der Panamericana oder der Seidenstraße, die sehr gut ausgebaut sind und auf denen man ganz normal fahren kann.
Wir benötigen also ein geländegängiges Allrad-Fahrzeug – aber kein Offroad-Monster. Unsere Idee, einen Unimog als Basis für ein Expeditionsmobil zu kaufen, verwerfen wir, als wir erfahren, wie laut und ungeeignet er für normale Straßen ist. Wenn wir ein Afrikaprojekt hätten, ja, es wäre ein Unimog geworden. Nach wie vor sind die rein optisch am coolsten. Aber für uns ganz ehrlich überdimensioniert und auch für viele unserer Anforderungen (normale Straßen, Länge des Aufbaus) ungeeignet.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Unser Expeditionsmobil wird kein Unimog. Aber ein höheres 4×4-Allrad-Fahrzeug.
3. Einfache Technik ohne Elektronik
Wir haben schon erwähnt, dass wir zu Beginn unseres Projektes keine Ahnung von Fahrzeugtechnik und Motoren hatten.
Ein noch viel wichtigerer Grund, weswegen unser Expeditionsmobil einfache Technik ohne Elektronik haben sollte, war aber: Wenn wir schon weder Straßen noch Tankstellen haben, haben wir einen ganz sicher nicht dabei: Unseren Marken-Vertragspartner mit seiner Werkstatt, seinem Laptop und seinen Ersatzteilen.
Wir brauchen ein Weltreisemobil, das:
- So zuverlässig ist, wie irgendwie möglich
- So einfach zu reparieren ist, wie irgendwie möglich – möglichst überall
In weniger entwickelten Ländern fährt der Großteil der Menschen deutlich einfachere Fahrzeuge als wir in Mitteleuropa. Diese zum Teil sehr alten Fahrzeuge sind relativ häufig kaputt – aber sehr viele Menschen können sie selbst reparieren, und wenn nicht, kann das jede kleine Werkstatt vor Ort.
Ein Fahrzeug, dessen Fehler vor der Reparatur erstmal mit einem Laptop ausgelesen und analysiert werden müssen, bekommen wir in vielen Ländern der Welt zumindest abseits der Hauptstädte nicht repariert. Und auf gar keinen Fall können wir oder helfende Menschen am Fahrbahnrand so ein Fahrzeug selbst reparieren.
Ein Fahrzeug, bei dem man Motorenteile ausbauen muss, um eine Lampe zu wechseln, ist sinnvoll für die Gewinnmaximierung deutscher Vertragswerkstätten, aber nicht auf einer Reise in menschenleeren Gebieten in Argentinien oder Kasachstan.
Unser Wunsch ist also: Wir möchten ein Expeditionsmobil kaufen, das sehr einfache Technik hat, bei der wenig kaputt gehen kann und die einfach und noch per Hand repariert werden kann.
Sowas gibt es auf dem Neumarkt natürlich nicht mehr.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Unser Basisfahrzeug wird kein Neufahrzeug werden, sondern wohl mindestens 30 Jahre alt.
Ersatzteilversorgung
Relevanter als wir dachten ist für den Kauf eines Expeditionsmobils auch die Überlegung: Wo kriegen wir weltweit Ersatzteile her? Für diese Frage haben wir lange recherchiert. Es stellte sich heraus, dass die Ersatzteilversorgung weltweit ziemlich markenabhängig ist.
Manchmal sind Ersatzteile nicht zu bekommen und im schlimmsten Fall können sie auch nicht importiert werden, weil sie (wie z. B. oft in Argentinien) nicht durch den Zoll kommen. In diesem Fall kann ein kaputtes Teil an dem Fahrzeug eine lange Unterbrechung, und wenn es ganz schlimm kommt sogar einen Abbruch der Reise zur Folge haben.
Eine zuverlässige weltweite Ersatzteilversorgung gibt es bei keiner Marke. Sinnvoll ist jedoch, auf eine weit verbreitete LKW-Marke zu setzen und nicht auf einen Nischenhersteller, den es heute vielleicht sogar schon nicht mehr gibt und der in vielen Ländern völlig unbekannt ist. Die bei Expeditionsmobilen sehr beliebte und uns auch sehr sympathische Marke Steyr fiel für uns deswegen aus. Auch Iveco und MAN mit ihren vergleichsweise sehr teuren Ersatzteilen verlieren bei diesen Überlegungen an Punkten.
Der weltweit größte Hersteller für LKW ist Mercedes Benz. Die Ersatzteilversorgung gilt als die beste, die Teile sind außerdem vergleichsweise günstig. Klar: Die höheren Anschaffungskosten stehen dem entgegen.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Am besten wäre es, wir finden ein Weltreisemobil von Mercedes.
4. Anspruchslosigkeit bezüglich Kraftstoff
Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein neu gekauftes Fahrzeug nicht kaputt geht oder man es selbst reparieren kann: Ein absolutes Totschlagargument, warum unser Weltreisemobil ein altes Fahrzeug sein muss, war:
Neue Fahrzeuge vertragen den schlechten Kraftstoff in vielen Ländern nicht.
Während man alte Diesel „mit allem“ tanken kann, sind neue Motoren sehr effizient, aber dadurch auch sehr empfindlich und genau auf die in Europa genormten Kraftstoffe ausgelegt. Die Dieselqualität in vielen Ländern ist aber überhaupt nicht vergleichbar mit der in Europa.
Zur Verdeutlichung: Der Schwefelgehalt im Diesel in Europa liegt bei unter 10 ppm. Darauf sind moderne Motoren ausgelegt. Der Schwefelgehalt im Diesel in Kasachstan kann bei bis zu 500 ppm, in der Mongolei sogar bei 5000 ppm liegen! (Quelle: Global Diesel Fuel Sulphur Levels 2022, unterste Karte)
Das ist nicht ähnlich und „wird schon gut gehen“, sondern ist mit einem aktuellen Fahrzeug einfach nicht machbar.
Dazu kommt: Nicht nur die Schwefelwerte des Diesels unterscheiden sich enorm, sondern auch Verunreinigungen mit Wasser und Schmutz sind ein Thema und nicht kontrollierbar, da dies in vielen Entwicklungsländern schlicht nicht so eine Rolle spielt wie bei uns.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Während unserer Recherche zum Thema „Expeditionsmobil kaufen“ haben wir so viele Berichte von Motorschäden an Neufahrzeugen gelesen, zum Teil bei erst wochenalten, hundertetausend Euro teuren Fahrzeugen nach dem ersten Tanken in Nordafrika, dass für uns völlig klar war: Unser Expeditionsfahrzeug wird einen alten Motor haben.
Problem AdBlue
Neuere europäische Dieselfahrzeuge (Euro 6) fahren mit AdBlue, einem Zusatzstoff, der zusätzlich zum Diesel getankt werden muss. Das ist in Europa nicht besonders relevant, weil AdBlue an den meisten Tankstellen verfügbar ist. Allerdings: Nur hier.
AdBlue ist ein europäisches Ding, in vielen anderen Ländern ist es nur sehr schwer und oft schlicht gar nicht verfügbar und völlig unbekannt. Der AdBlue-Verbrauch liegt bei LKW zwischen 10-20 % des Dieselverbrauchs, ist also extrem relevant.
Mit einem neueren Fahrzeug müsste man also immer einen großen Vorrat AdBlue mitführen. Das mag funktionieren, wenn man einmal durch ein Land ohne AdBlue fährt. Für unsere Reise, bei der wir uns mehrere Jahre außerhalb Europas aufhalten, ist das völlig indiskutabel.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Wir brauchen ein Fahrzeug ohne AdBlue.
5. Guter Zustand, wenige Kilometer
Unser Weltreisemobil wird also kein Neufahrzeug. Ganz im Gegenteil: Da es mit möglichst jedem Kraftstoff zurecht kommen muss und die Technik möglichst einfach sein soll, möchten wir ein möglichst altes Expeditionsmobil kaufen, am besten aus den 80er Jahren.
Wir schauen uns Fahrzeuge an und schnell überrollt uns das Problem jedes Gebrauchtfahrzeugkaufs: Die uns angebotenen LKW müssen komplett saniert werden. Da wir ein Basisfahrzeug mit Allradantrieb suchen, begegnen uns hauptsächlich Baustellenfahrzeuge, die komplett verrostet und wirklich am Ende ihrer Tage sind.
Wir haben vor, mit dem LKW noch sehr viele Kilometer zu fahren, die er möglichst zuverlässig und ohne größere Schäden hinter sich bringen soll. Vielen der LKW, die wir anschauen, trauen wir nichtmal eine Fahrt in die nächste Werkstatt zu.
Es wird also zu unserer fünften großen Voraussetzung: Wir suchen ein zwar altes, aber möglichst sehr gut erhaltenes Basisfahrzeug mit guter Wartung, keinem Rost und wenig gelaufenen Kilometern.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Wir möchten ein 35 Jahre altes Neufahrzeug aus einer Halle, bitte.
Fahrzeugbasis selbst ausbauen oder fertiges Expeditionsmobil kaufen?
Während unserer ganzen Überlegungen und auch während der ersten Zeit unserer Suche war uns nicht klar: Wollen wir ein fertiges Expeditionsmobil kaufen? Ein neues, oder eines, das schon auf Reisen war? Oder suchen wir lediglich ein geeignetes Basisfahrzeug, das wir anpassen und auf das wir dann selbst eine Wohnkabine aufbauen?
Schnell wurde klar: Der Markt an gebrauchten Expeditionsmobilen ist extrem dünn. Ein gutes gebrauchtes Expeditionsmobil zu kaufen, das unseren Anforderungen entspricht, ist nicht nur extrem teuer (oft nahe am Neupreis), sondern auch extrem schwer zu finden (einzelne Beispiele findest du bei Explorer und Ebay Kleinanzeigen). „Heruntergerittene“ Weltreisemobile, die schon seit Jahrzehnten auf Tour sind, findet man ab und zu mal. Diese haben aber nicht nur hunderttausende Kilometer hinter sich, sie sind auch fast immer so verwohnt und von der Kabine her auf so altem Stand, das man sehr viel neu machen muss oder möchte. Davon abgesehen sind auch die Preise für diese Expeditionsmobile noch erstaunlich hoch.
Während unserer gesamten Kaufphase über ein Jahr beobachteten wir den Gebrauchtmarkt, fanden aber nicht ein einziges Expeditionsmobil, das wir uns anschauen wollten. Viele Fahrzeuge standen auf der Welt verteilt, hatten große Schäden am Fahrzeug, waren viel zu alt und wartungsintensiv oder schlicht viel zu teuer für das, was angeboten wurde. Wir planten daher damit, ein neues Expeditionsmobil zu kaufen.
Wir fragten mehrere Hersteller an, und die Antwort war immer die selbe: Die Lieferzeiten liegen bei 2-3 Jahren. Ein noch größeres Problem: Die meisten Händler bauen auf neue Basisfahrzeuge, was für uns wegen der Ansprüche an simple Technik und Kraftstoffverträglichkeit ja nicht in Frage kam.
Aber können wir ein Expeditionsmobil selbst bauen? Ohne Erfahrungen in ähnlichen Bereichen? Wir haderten über ein Jahr mit dieser Entscheidung. Als wir uns schließlich sicher waren, genug fachkundige Hilfe zu haben, fiel der Entschluss.
Fazit für unseren Expeditionsmobil-Kauf: Wir werden nur die Basis für unser Expeditionsmobil kaufen. Den Rest planen und bauen wir selbst.
Die Suche nach dem perfekten Basisfahrzeug
Die Entscheidung stand also: Wenn uns nicht noch ein geeignetes gebrauchtes Expeditionsmobil zum Kaufen über den Weg rollt, werden wir lediglich das Basisfahrzeug für unser Expeditionsmobil kaufen.
Wir suchten also nach folgendem Fahrzeug:
- Allradfahrzeug, aber gut fernstraßentauglich
- Ab 7,5 Tonnen (für ausreichend Zuladung)
- Baujahr Mitte 80er bis Anfang 90er
- Am liebsten Mercedes
- Ohne technische Mängel
- Wenig gefahren
- Gepflegt, am besten Garagenfahrzeug
Wir suchten also die eierlegende Wollmilchsau der Expeditionsmobil-Basisfahrzeuge. Ist das überhaupt möglich? Kann man so ein Fahrzeug finden?
Wir fanden es.
Die Idee, einen Feuerwehr-LKW zu kaufen
80er-Jahre-LKW, die wir uns anschauten, waren vor allem eins: Verrostet. Schon ewig standen sie auf irgendwelchen Wiesen oder bei Händlern, waren meist defekt, ölten, hatten hunderttausende Kilometer auf dem Tacho und obwohl wir wenig Ahnung hatten, sahen wir ihnen sofort an: Auf keinen Fall kaufen. Dieser LKW fährt nicht mehr um die Welt.
Es gab eine große Ausnahme an Fahrzeugen, auf die wir dank Recherche und Tipps zum Glück recht schnell kamen: Feuerwehr-Rüstwagen.
Feuerwehr-LKW verbringen ihr Leben vor allem mit einer Tätigkeit: Sie stehen gut gewartet und gepflegt in einer Halle und warten auf einen Notfall. Auch nach Jahrzehnten im Einsatz haben sie nur wenige Tausend Kilometer gelaufen. Sie bleiben sehr lange im Dienst, man bekommt sie also nach 30 Jahren wie neu aussehend aus erster Hand. Feuerwehr-LKW sind die perfekte Basis für ein Expeditionsmobil.
Perfekt!
Es gab eine Sache zu berücksichtigen: Feuerwehrrrüstwagen haben meist Mannschaftskabinen, also ein langes Fahrerhaus für 6 oder mehr Feuerwehrmänner. Das ist für uns zu zweit Quatsch, vor allem da dadurch weniger Platz für die Wohnkabine bleibt. Es gab also zwei Möglichkeiten: Eine seltene Einzelkabine finden oder das Fahrerhaus kürzen lassen. Da wir wegen wenig Ahnung möglichst wenig machen wollten, waren wir sehr froh, als wir ein Fahrzeug mit Einzelkabine sahen.
Unser Expeditionsmobil: Der Kauf
Da stand er, zwischen Dutzenden anderen Feuerwehrwagen: Der Mercedes LKW mit der Einzelkabine. Strahlend schön wie am ersten Tag und eigentlich wohl viel zu schade für einen vollständigen Umbau. Aber zum Verschrotten erst recht, oder?
Nachdem wir im ganzen Land gesucht hatten, war es der Händler SP-Fahrzeuge in unserer Heimatstadt Frankfurt, der eine Annonce im Internet hatte, die uns zum Hörer greifen ließ. Ein Leiterwagen, nicht die perfekte Basis für unser Expeditionsmobil und wahrscheinlich sehr teuer, aber da wir sonst nichts wirklich was fanden…
„Der Leiterwagen ist nichts für euch“, sagte der Händler am Telefon und unsere Enttäuschung war wohl fast hörbar. „Der ist in vielen Punkten ganz besonders und sehr teuer, er soll Feuerwehr bleiben. Aber… ich habe das perfekte Fahrzeug für euch. Kommt vorbei!“
Wir fuhren hin. Und das versprochene perfekte Fahrzeug war tatsächlich: Perfekt.
Der Händler hatte den Mercedes-Rüstwagen mit der Einzelkabine erst vor einem Tag reinbekommen, er war noch nicht online gelistet und nur deswegen noch zu haben – das war uns auf dem ersten Blick klar. Er hatte alles, was wir wollten. Alles, was jeder sucht, der ein Basisfahrzeug für ein Expeditionsmobil kaufen will.
Perfekte Wartung, keine Mängel. Mit TÜV, da bis vor drei Monaten im Feuerwehreinsatz gelaufen. Baujahr 1986 und einfachste Technik, aber unter 40.000 km gefahren. Kein Rost, keine Beulen, keine Stellen, dafür eine heißbegehrte Seilwinde. Allrad mit Differentialsperren, aber kein reines Geländefahrzeug, sondern sehr straßentauglich. 12 Tonnen Fahrgestell, also eher zu groß für uns – aber egal, so hätten wir eben viel Luft beim Bau und müssten nie auf Gewicht und Zuladung achten. 220 PS und damit etwas stärker als andere LKW, die wir uns angeguckt hatten.
Wir hatten keinen LKW-Führerschein und riefen meinen Onkel an für eine Probefahrt.
Wir kauften das Fahrzeug noch am gleichen Tag.
Unser Expeditionsmobil: Es geht los!
Da stand er nun bei uns Zuhause, die Basis für unser Weltreisemobil: Ein Mercedes Benz 1222AF, ehemaliger Rüstwagen der Feuerwehr Wesel.
Wir waren glücklich, aber auch unheimlich aufgeregt und besorgt. Denn mit dieser Entscheidung war es besiegelt: Wir werden das Expeditionsmobil selbst bauen.
Wir, ohne Ahnung von Schrauben und Technik, werden diesen riesigen Feuerwehr-LKW auseinanderbauen, irgendwie den jetzigen Aufbau herunterheben, das Fahrzeug umbereifen, ihm größere Tanks und viele andere benötigte Dinge vom Zwischenrahmen bis zum Unterfahrschutz verpassen, eine Wohnkabine mit allen Autarkiebedürfnissen planen, diese anfertigen, auf das Fahrzeug heben, das Fahrerhaus erneuern, alles umlackieren und durch den TÜV bringen. Irgendwann auf dem Weg werden wir beide den großen LKW-Führerschein (Klasse C) machen und alles über dieses Fahrzeugmodell lernen, was es zu lernen gibt.
Dieser Rüstwagen aus Wesel wird ein neues Leben beginnen und irgendwann unser neues Zuhause sein. Unser Schneckenhaus. Die Basis unseres ganzen Projektes.
Er ist selbst ein riesiges Projekt. Ein Projekt, das wir niemals in unserem Leben geplant hatten und vor dem wir plötzlich glücklich, aber überfordert standen.
Zwei Jahre würde es dauern, von heute, von unserem schnellen Kauf eines Feuerwehrwagens in Frankfurt, bis zur Zulassung unseres Expeditionsmobils.
Es war Juli 2020.
Erstmal sollten wir uns wohl nach einer Halle zum Unterstellen umsehen.
Im nächsten Artikel zeigen wir dir, wie wir den Rüstwagen abbauen und am Ende die „nackte“ LKW-Basis für den Bau unseres Weltreisemobils haben.
(Hinweis: Die Planung des Projektes und der Fahrzeugbau selbst liefen über mehrere Jahre. Wir schreiben diese Blogartikel im Nachhinein. Mittlerweile stehen wir kurz vor Beginn des Projekts.)
5 Kommentare
Hallöchen, schön zu sehen was aus unserem “alten” Rüstwagen geworden ist. Aber bitte, Feuerwehr Kamp-Lintfort, nicht Wesel ;-).
Hallo Marc, danke für die Korrektur! 🙂 Und sehr schön, dass ihr sein neues Leben weiter mitverfolgt!
Aber natürlich.
Und wenn ihr es schafft zu uns zu kommen, würde uns das natürlich sehr freuen. Und ein paar alte Einsatzfotos suchen wir dann auch gerne raus.
“Wir möchten ein 35 Jahre altes Neufahrzeug aus einer Halle, bitte.”
Schön formuliert … 😉
(Macht wirklich Spaß zu lesen)